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Vegetarisch essen für das Klima

■ Wie die Landwirtschaft den Treibhauseffekt anheizt

Experten wie Bernhard Burdick vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie gehen davon aus, daß in der Bundesrepublik etwa 15 Prozent des Treibhauseffekts durch die Landwirtschaft verursacht werden.

taz: Was ist denn so klimaschädlich an unserer Landwirtschaft?

Bernhard Burdick: Zum einen verbrauchen unsere Bauernhöfe natürlich Energie – etwa drei bis fünf Prozent des gesamten Verbrauchs. Dadurch entsteht CO2, aber das ist nicht der Haupteffekt. Wichtiger sind zwei weitere Gase: Methan aus der Rinderhaltung und Lachgas durch die Stickstoffdüngung. Methan entsteht immer dann, wenn Biomasse ohne Sauerstoff abgebaut wird. Das passiert etwa in den Rindermägen oder in Güllelagern. Verglichen mit dem weltweiten CO2-Ausstoß sind das zwar geringere Mengen, doch ein Molekül Methan ist etwa 50mal klimawirksamer als ein Molekül CO2. Noch stärker wirkt Lachgas: Wissenschaftler haben berechnet, daß es 260mal klimaschädlicher ist als CO2.

Wie entsteht Lachgas?

Es entsteht im Boden, wenn chemische Reaktionen mit Stickstoff ablaufen. Und zwar um so stärker, je mehr Stickstoff durch Düngung im Boden vorhanden ist. Starke Düngung durch Mineraldünger oder Gülle aus der Tierhaltung, wie in der konventionellen Landwirtschaft üblich, hat zwei Wirkungen: Ein Teil des Stickstoffs wandert als Nitrat ins Trinkwasser, ein Teil als klimawirksames Lachgas in die Atmosphäre.

Wie kann man klimafreundlich einkaufen?

Auch wenn es für viele unangenehm klingt: Die größte Einsparung von klimawirksamen Gasen erreicht jemand, der auf Fleisch verzichtet. Denn er verringert den Ausstoß von Methan. Außerdem fließt in die Tierhaltung ja viel Energie – wir gehen davon aus, daß für eine Einheit tierischer Energie etwa zehn Einheiten pflanzlicher Energie als Futter verwendet werden müssen. Das zeigt sich auch daran, daß zwei Drittel der Erträge aus dem Pflanzenbau in Deutschland an Tiere verfüttert werden.

Wie sieht's bei der Pflanzenproduktion aus?

Am klimaschädlichsten ist sicher die Produktion in beheizten Treibhäusern. Eine Tomate aus dem Treibhaus wird mit fünfzigmal mehr Energie produziert als eine Freilandtomate. Selbst der Transport über weite Strecken ist nicht so klimaschädlich wie ein Treibhaus: Fünf Kilo Obst, bei uns im Treibhaus gezüchtet, belasten das Klima mehr als fünf Kilo Obst, die mit dem Schiff aus Mittelamerika kommen. Außerdem ist klar, daß der ökologische Landbau im Vergleich besser abschneidet. Das liegt vor allem an der Art der Düngung. Im Öko-Landbau ist die Zahl der Tiere je Fläche wesentlich niedriger, weil kaum Futter zugekauft werden darf. Das heißt, es fällt weniger Mist an, der auf die Felder verteilt wird. In der konventionellen Landwirtschaft sind es einfach zu viele Tiere.

Vegetarisch essen und im Bioladen einkaufen – ein Appell, der die Fleischfans kaum ändern wird. Sehen Sie politische Möglichkeiten, eine klimaverträgliche Landwirtschaft durchzusetzen?

Ein ganz pragmatischer Ansatz wäre, das heutige EU-Agrarsystem nachzubessern. Man kann Subventionen an ökologische Auflagen koppeln, zum Beispiel Verzicht auf Kunstdünger oder gleich die Umstellung auf ökologischen Landbau. Außerdem könnte man das Gülleproblem lösen, indem man eine Höchstzahl von Tieren pro Hektar Getreidefläche festlegt. Aber das reicht nicht.

Was wäre ein „großer Wurf“?

Das Ziel muß sein, die externen Effekte der Landwirtschaft zu internalisieren – und zwar in zwei Richtungen. Denn viele positive Leistungen der Bauern werden ihnen nicht vergütet, zum Beispiel wenn sie unsere Kulturlandschaft erhalten. Auf der anderen Seite zahlen sie auch für negative Effekte nicht, die sie auslösen. So kostet unsere Trinkwasseraufbereitung zusätzlich etwa eine Milliarde Mark pro Jahr, hauptsächlich, weil im Wasser zu große Konzentrationen von Pflanzenschutzmitteln und Stickstoff sind. Ein Kilo Schweinekotelett würde dann natürlich teurer, was jeder an der Ladentheke spürt. Doch andersrum formuliert: So billiges Fleisch, wie wir es heute haben, ist nur bei Massentierhaltung möglich – und die produziert die erwähnte Gülle, die Wasser und Klima gleichermaßen ruiniert. Interview: Felix Berth

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