Ein Krieg, der fremden Mächten dient

■ Viele Länder – nicht nur in Afrika – haben ein Interesse, daß der Südsudan nicht in die „falschen“ Hände fällt

„Wer will wirklich Frieden im Sudan? Niemand, abgesehen von der südsudanesischen Zivilbevölkerung, die normalerweise von niemandem in die geopolitischen Kalkulationen einbezogen wird.“ Das schrieb der US-Amerikaner John Prendergast 1994 in einer Studie zur Lage im Südsudan, und er folgert: „Sudan ist zu etwas wie einer Müllhalde für überschüssige Militärgüter aus der Zeit des Kalten Krieges geworden.“

Ausländische Mächte ringen in der Region bis heute um strategische Vorteile. Sudans islamistische Regierung wird bei ihren Bemühungen, den arabisch-islamischen Einfluß bis weit nach Schwarzafrika hinein auszudehnen, vom Iran, vom Irak und von Libyen unterstützt. Aber das Regime scheint auch noch einen anderen Verbündeten gewonnen zu haben: Frankreich. Einem Bericht der niederländischen Pax-Christi-Gesellschaft zufolge soll Paris es der sudanesischen Armee ermöglicht haben, von Zaire und der Zentralafrikanischen Republik aus militärisch gegen die SPLA-Guerillabewegung im Süden vorzugehen. Darüber hinaus hat Frankreich Khartoum Satellitenbilder des Südsudan zur Verfügung gestellt.

Paris hofft nach Ansicht von Beobachtern auf eine Mittlerrolle Khartoums im Algerienkonflikt und fürchtet außerdem, daß militärische Erfolge der SPLA den französischen Einfluß in Afrika weiter schwächen. Einer der engsten Verbündeten der südsudanesischen Guerilla war über Jahre hinweg Uganda. Das wiederum hatte mit seiner Unterstützung der ruandischen RPF-Rebellen maßgeblich zum Sturz des von Frankreich geförderten Hutu-Regimes in Kigali und damit zum Ende der Frankophonie in Ruanda beigetragen.

Auf seiten der SPLA steht auch Israel. Die Gerüchte wollen nicht verstummen, daß dessen Regierung als Deckadresse für Militärhilfe auch der USA firmiert – Washington hat das allerdings stets bestritten. Immerhin aber sind die Vereinigten Staaten der größte Geldgeber der humanitären UNO-Operationen im Südsudan.

Ein aus der Kolonialzeit übriggebliebener Konflikt

Die Wurzeln des Konflikts reichen weit zurück. Die ägyptischen und britischen Kolonialherren hatten im Staat Sudan Völker zusammengezwungen, die nichts miteinander gemeinsam haben und den afrikanischen Südsudan, in dem neben dem Christentum Naturreligionen vorherrschen, dem arabisch-islamischen Norden untergeordnet. Schon vor der Unabhängigkeit 1956 wurde die staatliche Unabhängigkeit des Südens erörtert – und verworfen. Vergeblich kämpfte bereits damals eine Guerillabewegung bis 1972 für die Teilung des Landes.

Eine Friedensvereinbarung gestand dann dem Süden innere Autonomie und die Anerkennung des Christentums als Glaubensgemeinschaft zu. 1983 aber kündigte Khartoum diese Vereinbarungen auf. Die Folge: Eine neue Guerillabewegung – die SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) – nahm den Kampf gegen die Zentralregierung auf.

Nach großen Erfolgen der späten achtziger Jahre mußten die Rebellen seit 1991 schwere Verluste hinnehmen: Mit dem Sturz von Äthiopiens Staatschef Mengistu Haile Mariam verloren sie einen wichtigen Verbündeten. Eine Spaltung, hervorgerufen ebenso durch wachsende Kritik am Führungsstil von SPLA-Chef John Garang wie durch ethnische Rivalitäten innerhalb des Südsudan, schwächte die Bewegung weiter. Die Rebellen verloren die meisten der von ihnen eroberten Städte.

Eine militärische Lösung des Konflikts kann angesichts der unüberbrückbar scheinenden ökonmischen, religiösen und politischen Gräben im Sudan als fast ausgeschlossen gelten. Friedensverhandlungen, die unter dem Vorsitz von Kenia und unter Beteiligung Ugandas, Äthiopiens und Eritreas regelmäßig in Nairobi stattfinden, haben aber auch wenig Aussicht auf Erfolg. Beobachter glauben, daß Khartoum mit seiner Teilnahme an den Gesprächen vor allem verhindern will, daß sich der Weltsicherheitsrat mit dem Krieg im Südsudan befaßt, wie es neben anderen erst kürzlich Eritrea in einem Appell an die Europäische Union gefordert hat.

Die Zivilbevölkerung der Region lebt derweil unter der ständigen Furcht vor den Bombenangriffen der sudanesischen Luftwaffe. Und sie ist auch anderen schweren Menschenrechtsverletzungen aller Kriegsparteien ausgesetzt.