Stadtwerke-Verkauf: Ausländer raus!

■ Générale des Eaux zieht wegen Tricksereien Angebot zurück / Tractebel verschnupft

„Es scheint, als ob der Verkauf der Stadtwerke nur noch eine deutsche Angelegenheit ist.“ Jean-Pierre Schaeken ist ziemlich irritiert. Schaeken ist „Executive Vice President“ des belgischen Unternehmens Tractebel, das als einer der Bewerber um die Anteile der Stadtwerke im Rennen ist. Noch, denn heute mußte Schaeken aus der Zeitung erfahren, daß der Aufsichtsrat eben dieser Stadtwerke am letzten Wochenende unter der Führung von Bürgermeister Klaus Wedemeier zwei neue Vorstandsmitglieder bestellt hat – „nach Rückfrage mit den deutschen Anbietern“, wie Senatssprecher Klaus Sondergeld gestern bestätigte.

„Das ist natürlich ein kleines Problem“, kommentierte Schaeken. Ein wenig drastischer formulierte da ein weiterer Interessent: Für Bremen gebe es „ganz offensichtlich Interessenten erster und zweiter Klasse, die auch in unterschiedlicher Weise mit Informationen versorgt werden.“ So schreibt der Bevollmächtigte der französischen Compagnie Générale des Eaux (CGE). Gestern zog das Unternehmen seine Bewerbung um die Stadtwerke-Anteile zurück.

Von Anfang an habe es eine „ablehnende bzw. unfreundliche Haltung“ von Bremer Seite gegenüber dem Unternehmen gegeben, schreibt die CGE. Einerseits habe die Bremer Verhandlungskommission unter Federführung des Finanzressorts immer wieder ein faires Verfahren beteuert, andererseits sei von Anfang an das Angebot des Unternehmens entstellt präsentiert worden – zuletzt bei der Pressekonferenz von Klaus Wedemeier zum Stand der Verhandlungen.

Offensichtlich würden Vorlieferanten wie Preag und Ruhrgas bevorzugt, bedauert CGE. Die rechneten sich strategische Vorteile aus, wenn sie den Bremer Markt besetzten, und seien daher bereit, völlig überhöhte Preise zu bezahlen. Die Unabhängigkeit der Stadtwerke kämen dabei unter die Räder – mit voller Billigung des Senats. Und daß plötzlich nicht mehr über zweimal 24,9 Prozent verhandelt würden, sondern eine Tranche in zweimal 12,5 Prozent aufgeteilt werden sollte, das würde den Einfluß eines Anteilseigners derart reduzieren, daß die CGE kein Interesse mehr hätte. Die Besetzung der Vorstandsposten ohne Information sei da nur noch das Pünktchen auf dem „I“ gewesen.

Das wird bei Tractebel in Belgien ganz ähnlich gesehen. Noch in der letzten Woche habe es Gespräche mit dem Finanzressort gegeben, sagte gestern der Tractebel-Manager Schaeken. Da sei keine Rede von der Neubesetzung des Stadtwerke-Vorstandes gewesen. „Man hat offensichtlich lieber mit der Preag gesprochen.“ Doch denselben Schritt wie CGE will die Tractebel nicht gehen: „Wir halten unser Angebot.“

Aus dem Hause des Finanzsenators gab es gestern nur eine Auskunft: Daß es keine Auskuft gibt. Der Senator werde sich heute vor der Bürgerschaft zu allen Fragen äußern. Nur Klaus Wedemeier war um keine Erklärung verlegen, warum er nur mit den deutschen Interessenten Ruhrgas und Veba/Preag über die Besetzung der Vorstandsposten gesprochen habe: Nach dem letzten Gespräch mit CGE habe das französische Unternehmen direkt eine Presseerklärung losgelassen. „Das Risiko sollte diesmal nicht eingegangen werden“, erklärte Senatssprecher Klaus Sondergeld. Und Tractebel sei im Gegensatz zu den deutschen Unternehmen nicht informiert worden, „weil die deutschen Unternehmen die deutschen Bewerber um die Vorstandsposten am besten kennen. Das ist keine Vorentscheidung. Tractebel ist alles andere als aus dem Rennen.“ Kommentar der Grünen-Abgeordneten Elisabeth Hackstein: „Der unprofessionelle Umgang mit CGE schadet Bremens Ruf als Wirtschaftsstandort.“

J.G.