Gute Stube, aufgemöbelt

■ Seid umschlungen, Millionen: Die Kunsthalle buhlt mit der picobello sanierten „Großen Galerie“ um private Spender

Jetzt glänzt die gute Stube wieder: Die „Große Galerie“ der Bremer Kunsthalle prunkt seit dieser Woche in ihrer alten Gestalt, mit viel Licht, Luft und frischer Farbe, und darinnen eine Auswahl ebenso glanzvoller Kunststücke. Zuletzt gammelte der Saal in ziemlich verlottertem Zustand vor sich hin. Grundton Dunkelbraun, Spanplatten vor den hohen Fenstern, die Beckmann-Bilder dicht an dicht gehängt. „Unangenehm für den Besucher, unangemessen für die Kunst“, sagt Direktor Wulf Herzogenrath. Und eine schlechte Werbung für die Spender, um die die Kunsthalle nach wie vor buhlt.

Die große Sanierung ist zwar für's nächste Frühjahr geplant, aber noch längst nicht bezahlt. Die erforderlichen sieben Millionen an privatem Sanierungsgeld sind noch nicht beisammen. Mit der aufgeputzten Großen Galerie will Herzogenrath dem Bremer Publikum zeigen, wie schön alles mal werden könnte – wenn nur erst das nötige Kleingeld da wäre.

Jetzt sind die Fenster wieder frei, der alte Steinfußboden ausgebessert. Die ausufernden Beckmänner sind in die Säle im ersten Stock umgehängt worden. 130.000 Mark hat die Erneuerung gekostet. Dafür hat sich das Museumsteam den Spaß geleistet, Werke aus drei Jahrhunderten in der Großen Galerie aufeinander loszulassen, fernab der museumsüblichen chronologischen Präsentation.

Und da haben Herzogenrath und seine MitarbeiterInnen ein gutes Händchen bei der Auswahl bewiesen. So spiegelt sich jetzt Canovas grazile „Psyche“, in feinsten weißen Marmor gehüllt, in den pechschwarzen Sternenfotos von Thomas Ruff; nebenan wirft eine Büste des Astronomen Olbers die Den-kerstirn in Falten. Da begegnen sich John Cages strenge Zufallskunststücke und Andy Warhols Klatschkunstwerk „Interview“ – zwei Aspekte serieller Kunst, die nun in direkter Nachbarschaft miteinander plaudern können.

Schließlich thront am Kopfende der Galerie des Direktors erste Neuerwerbung für Bremen: Nam June Paiks Videosynthesizer von 1969, bzw. was davon noch übrig ist. Einst ein Meilenstein in der Mediengeschichte, rottet die monströse Apparatur jetzt hübsch vor sich hin. An den klobigen Drehschaltern und VU-Metern läßt sich noch der experimentelle Charme des ersten Bildgenerators ablesen. Funktionieren tut er nicht mehr; immerhin wird in einer angeschlossenen Video-Dokumentation nochmal daran erinnert, wie das Ding damals funktionierte. tw