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Unterm Strich

Sääährrrrr guttt! Die von Karl Lagerfeld inkriminierte Stelle in Robert Altmans neuem Film „Prêt-à-porter“, an der er als „thief“ im Sinne von „Plagiator“ bezeichnet wird, soll künftig von einem Piepton übertönt werden, so wie man das im amerikanischen Fernsehen häufig und gern für „four-letter words“ kennt, oder auch hierzulande, wenn jemand versehentlich ein „Arschloch“ herausgerutscht ist. Der Film wird nun also vermutlich doch schon diesen Donnerstag in Hamburg und Berlin, eine Woche später dann im restlichen Bundesgebiet anlaufen. Auf die Art wirkt es tatsächlich, wie Kollegin Häusler schon vermutet hatte, als habe Altman die Chose selbst inszeniert.

Wie sich manchmal rührenderweise Solidarität einstellt, wo man eigentlich Konkurrenz vermutet: Wladimir Wassiljew, der neue künstlerische Leiter des Moskauer Bolschoi-Theaters, hat sich für eine Rückkehr des gerade erst von Jelzin persönlich geschaßten Generaldirektors Wladimir Kokonin auf den Posten des Geschäftsführers ausgesprochen. „Das Theater braucht eine starke Verwaltung – ich denke, an der Spitze sollte ein so erfahrener Mann wie Kokonin stehen.“

Jelzin hatte Kokonin im September 1994 per Dekret zum Generaldirektor mit umfassenden Vollmachten ernannt und ihn nach den Auseinandersetzungen wieder entlassen. Kokonin hatte eigentlich das Theater wieder auf internationales Niveau heben sollen. Kokonin war kritisiert worden, weil ihm das nicht so recht gelungen war; ein einseitiges Repertoire und die konservativen Choreographien des Ballettmeisters Juri Grigorowitsch sollen Schuld gewesen sein. Ein Teil des Ensembles hatte sich, wie berichtet, auf die Seite des Ballettmeisters gestellt und erstmals in der 219jährigen Geschichte eine Vorstellung platzen lassen. Es geht offenbar um generalisierte Umstrukturierungen, die nicht gefallen; schwer zu sagen, wer da der größere Bremsklotz am Bein der Moderne ist. Die geplante Zusammenlegung der Posten des künstlerischen und des geschäftsführenden Direktors kann natürlich sowohl Machtkonzentration wie auch Professionalisierung bedeuten.

Im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse, die in diesem Jahr den Schwerpunkt „Österreich“ haben wird (ist es eigentlich recht und billig, so was in Anführungsstriche zu setzen?), kommt es zu Turbulenzen und Pole-

miken in der literarischen Szene dortselbst. Ausgelöst hat diese Kontroverse der Schriftsteller Michael Scharang, der in einem „Offenen Brief an den Österreichischen Staat“ von einem „absurden Auftritt Österreichs als Vaterland der österreichischen Literatur“ sprach, der „zwangsläufig das Mandat Deutschlands als deren Mutterland um weitere hundert Jahre prolongiert“.

Der Hörspielpreis der Kriegsblinden für 1994 ist Andreas Ammer und FM Einheit zugesprochen worden. Sie werden für das Hörspiel „Apokalypse live“ ausgezeichnet, eine Klang- und Zitatencollage, die den Weltuntergang als Medienereignis arrangiert. Das Stück öffne eine neue Spielebene, welche die aktuelle, unterhaltungsgeprägte Medienwirklichkeit ebenso benütze wie auch witzig-überraschend kritisiere, teilte die Jury nach ihrer Tagung in Potsdam mit. Die „risikoreiche Live-Aufführung und -Aufnahme“ verleihe dem Hörspiel große Spontaneität und einen intensiven Spannungsbogen. Das Stück war letzten Oktober im Münchner Marstalltheater uraufgeführt und aufgenommen worden. Es wurde am 9. Dezember vom Bayerischen Rundfunk erstmals gesendet. Die Preisverleihung findet voraussichtlich gegen Ende Juni in Bonn statt. Der vom Bund der Kriegsblinden gestiftete und seit vergangenem Jahr von der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen mitgetragene Hörspielpreis wird zum 44. Mal vergeben. Der Schriftsteller / Journalist Andreas Ammer und der Musiker der Rockband Einstürzende Neubauten, FM Einheit, hatten das Hörspiel gemeinsam konzipiert und realisiert. Der Münchner Ammer veröffentlichte bereits mehrere Hörspiele: „Orbis auditus – das Lautlexikon“ (1990), „Kaiser Wilhelm Overdrive“ (1991), „Die Benjamin-Loops“ (1992) und zusammen mit FM Einheit „Radio Inferno“ (1993). Alle wurden vom BR produziert. FM Einheit, der im bayerischen Kienberg als Franz Martin Strauß geboren wurde, war Anfang der achtziger Jahre Gründungsmitglied der Berliner Hausbesetzerband. Außerdem wirkte er bei zahlreichen Aufführungen mit, so auch bei Kunstereignissen wie der documenta.

Bei Dumfries in Schottland ist am Wochenende eine Skulptur des britischen Bildhauers Henry Moore mit dem Titel „König und Königin“ von Kunstschändern teilweise zerstört worden. Wie die Polizei bekanntgab, wurden die Köpfe der beiden Figuren am Hals abgesägt. Das Werk Henry Moores ist Bestandteil eines Skulpturenparks auf einem Hügel bei Dumfries.

Der kanadische Folksänger Perry Friedman ist tot. Mit 59 Jahren starb der Wahlberliner am 16. März, wie erst am Dienstag aus Familienkreisen bekannt wurde. Friedman gehörte zu den Mitbegründern der DDR-Singebewegung, aus der sich in den 70er Jahren das regelmäßig stattfindende „Festival des politischen Liedes“ entwickelte.

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