piwik no script img

Israels Siedler machen gegen die Regierung mobil

■ Eindeutiger Aufruf zum Sturz Rabins / Die Militärs sollen kollaborieren

Tel Aviv (taz) – Israels Siedler üben den Aufstand: Bei dem Begräbnis der zwei am Sonntag abend bei der Westbank-Siedlung Kirjat Arba vermutlich von Hamas-Mitgliedern erschossenen Siedler beschuldigte der Bürgermeister von Kirjat Arba, Zvi Kazover, die Regierung des Versuchs, „den Siedlern ihr Recht, in diesem Land zu leben“ nehmen zu wollen.

„Wir müssen mit der Revolte beginnen. Tausende von uns müssen sich an Demos vor der Residenz des Regierungschefs beteiligen. Wenn unsere Massen in Aktion treten, können wir Erfolg haben.“ Ariel Scharon, führendes Knessetmitglied des Likud und ehemaliger Minister in den Regierungen Begin und Schamir, sagte in seiner Ansprache, daß nicht die Palästinenser, sondern die Rabin- Regierung der eigentliche Feind des Friedens ist, weil sie den Terror nicht bekämpfe. Noch vor dem Fall dieser Regierung müßten die jüdischen Siedlungen gestärkt und ausgebaut werden. „Die erste Tat einer anderen, jüdisch-nationalen Regierung, die mit Gottes Hilfe der jetzigen folgt, wird die Weiterentwicklung der Siedlungen sein“, erklärte Scharon.

Der Begräbniszug, begleitet von einem riesigen Polizei- und Militäraufgebot, führte entlang des Grabes Baruch Goldsteins, der vor mehr als einem Jahr das Massaker an betenden Palästinensern in einer Moschee in Hebron verübte. Die Siedler zogen dann weiter durch die menschenleeren Straßen der arabischen Stadt Hebron, in der infolge des Anschlags eine Ausgangssperre verhängt worden war. In einer anschließenden Ansprache erinnerte der Siedlersprecher und Rechtsanwalt Elijakim Ha'ezni die versammelten Militärs daran, daß es sogar in Hitlerdeutschland Offiziere gegeben habe, die verstanden, daß die Regierung das deutsche Volk ins Verderben führt. Bei all den vorhandenen Unterschieden führe auch hier die Regierung das Volk in den Abgrund. Hamas wüte überall, aber die Armee bleibe ohne Geheimdienstarbeit, und die militärische Abschreckung komme gar nicht mehr zum Zug.

Bei der am Montag stattgefundenen Protestdemonstration der Siedler vor der Residenz des Ministerpräsidenten hatte es geheißen: Wundert euch nicht über die nächsten Goldsteins! Zu Ehren des Massenmörders war in Kirjat Arba vor einer Woche ein 533 Seiten umfassendes Gedenkbuch erschienen. Die erste Auflage von 6.000 war nach Aussage der Herausgeber, der rechtsextremen „Kach“- Organisation, sofort ausverkauft – die zweite Auflage sei bereits in Druck. In einem der vielen Beiträge zum Lob Goldsteins und seiner Taten schreibt Rabbiner Elizur Segal: „Wenn der Feind an der Ehre Israels rührt, dann ist eine maximale Reaktion auf diese Sünde nötig – inklusive des Abhackens von Händen und Füßen. Der oberste Staatsanwalt hat in dieser Angelegenheit eine polizeiliche Untersuchung angeordnet, die sich auch auf die Aktivitäten der zu terroristischen Verbänden erklärten Organisationen „Kach“ und „Kahane-Haj“ erstreckt. Amos Wollin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen