SPD will Stadtwerke mit CDU verkaufen

■ Parteitag korrigierte SPD-Position: 49,8 Prozent der Stadtwerke dürfen verkauft werden

Mit deutlicher 2/3 Mehrheit von 115 gegen nur 47 Stimmen korrigierte der SPD-Landesparteitag am vergangenen Samstag seine eigene Beschlußlage vom September 1993: Nur 24,9 Prozent der Stadtwerke-Anteile durften nach der damaligen Festlegung Kaufinteressenten angeboten werden, und Vorlieferanten wie die Veba-Tochter Preag mit ihren Atomstrom-Überkapazitäten rund um Bremen herum sollten ausgeschlossen sein.

Für die Arbeitnehmervertreter der Stadtwerke war aber immer schon klar, daß die Preag erste Adresse bei Verkaufsverhandlungen sein müßte. „Das größere Risiko ist die nicht die Kooperation, sondern Konfrontation mit Vorlieferanten“, erklärte der ÖTV-Mann im Aufsichtsrat der Stadtwerke, Jan Karmann, den Delegierten diese Position.

Wenn im Jahre 2000 der „Demarkationsvertrag“ ausläuft, der die Monopol-Struktur in der Energiewirtschaft, so auch das Monopol der Stadtwerke für das bremische Gebiet, festschreibt, dann könnte die Preag mit Dumping-Angeboten die Strom-Großkunden aus dem Stadtwerke-Kuchen herauslocken, das ist die Sorge. Das könnte aber auch jeder andere europäische Stromkonzern – dagegen hilft (vielleicht), wenn die kleinen Bremer Stadtwerke sich in die Arme der Preag flüchten. Darum geht es, wenn Bürgermeister Klaus Wedemeier den Delegierten erklärte, für das Interesse der Käufer seien nicht Rendite-Erwartungen ausschlaggebend, sondern „strategische Interessen“.

Dem belgischen Konzern Tractebel wird dabei nicht ein strategisches Interesse unterstellt (etwa: ein Bein auf den deutschen Markt zu bekommen), sondern nur das Rendite-Interesse, das mehr interne Rationalisierungen erfordern würde. Die Arbeitnehmerbank hat den Anbieter Tractebel deshalb genauso strikt abgelehnt wie den Franzosen Generale des Eaux. Daß Tractebel derzeit mehr Geld für die Stadtwerke-Anteile bietet als der Preag-Mutterkonzern Veba, spielte deshalb auch auf dem Parteitag keine Rolle mehr: Mehrfach betonte Wedemeier, er habe in jeder Phase der Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern gesprochen. Sozialdemokraten hätten in die Satzung der Stadtwerke hineingeschrieben, daß ein Anteils-Verkauf gegen das Arbeitnehmer-Votum nicht möglich sei. Auch aus politischer Überzeugung werden er sowas nicht mitmachen.

Die gemeinsame Holding BVV, in der Straßenbahn-Defizite mit Stadtwerke-Gewinnen steuerlich verrechnet werden können, soll auch nach dem Anteils-Verkauf bestehen bleiben.

Die Bedenken der AKW-Gegner nahm Wedemeier auf: In Deutschland werde kein neues AKW mehr gebaut. „das hat die SPD erreicht“. Und wenn die AKW's aus betriebstechnischen Gründen im 21. Jahrhundert einmal auslaufen, dann käme die Zeit der regenerativen Energiequellen. Auch die bremischen Kohlekraftwerke seien in dieser Perspektive ein Standortvorteil für die Zukunft.

1986 hatte die Preag den Bau des Kohlekraftwerkes Hastedt (Block 15) verhindern wollen, um selbst Atomstrom liefern zu können – die Frage stand im Raum, ob es in den kommenden Jahrzehnten wieder zu solchen Konflikten kommen kann mit dem Unterrschied, daß der Veba-Konzern dann wesentlich beteiligt ist an den Stadtwerken.

Energiepolitische Sorgen wegen der Interessen der Vorlieferanten Veba und Ruhrgas beeindruckten die Delegierten ebensowenig wie das Wahlkampf-Argument, daß ein 49,8-Prozent-Verkaufsbeschluß in der Stadtbürgerschaft nur im Bündnis mit der CDU durchgesetzt werden kann, die noch mehr - 74,9 Prozent - verkaufen will. Der Unterbezirk Ost der bremischen SPD, der früher strikt gegen Stadtwerke-Verkäufe an die Veba/Preag gestanden hatte, votierte diesmal anders. Der Physik-Professor C. Noak erklärte den Delegierten, er habe keine realpolitische Alterntive, sie möchten aber bitte verstehen, daß er persönlich die Revision des alten Beschlusses nicht mittragen könne. UB-Ost-Vorstandsmitglied Monika Morschel gestand: „Ich persönlich fühle micht überfordert.“

Als dann Wedemeier direkt vor der Abstimmung klarstellte, mit nur 24,9-Prozent Stadtwerke-Verkauf könne er „nicht leben“, war das zweistündige Tauziehen gelaufen. (vgl. „Nachgefragt“ mit Fücks S.26 und Bericht S.6 K.W.