Unterm Strich

An diesem Sonntag, der – rein äußerlich betrachtet, wie Clementine von „Ariel“ früher immer in der Fernsehwerbung zu sagen pflegte – zu schönsten Hoffnungen Anlaß gibt, möchten wir Ihnen kund und zu wissen geben, was wir heute der USA Today entnehmen: daß nämlich Männer mittleren Alters, die sich hoffnungslos fühlen in bezug auf die Ziele, die sie sich gesteckt hatten, mit größerer Wahrscheinlichkeit früher sterben als ihre hoffnungsfrohen Altersgenossen. Die Forscherin Susan Everson vom Human Population Labor in Berkeley hatte 2.428 finnische Männer untersucht, bevor sie zu diesem Ergebnis kam („Gorillas im Nebel“? War das vielleicht der Name der Studie?) Die Hoffnungslosesten unter ihnen hatten eine doppelt so hohe Aussicht auf einen Herzinfarkt wie die Solalas, die ihre Zukunft durchwachsen oder gar well done sehen. Interessant auch: „Hopeless men due to accidents and violance“, mein Reden seit Jahren: Auch Unfälle sind „psychisch“.

Kurz vor der Oscar-Verleihung noch eine Klage: Ein Mann aus Chicago hat gegen die Produzenten von „Forrest Gump“ prozessiert, sie hätten gemeiner- und unlizensierter Weise seine patentierte Erfindung für Synchron-Special-Effects benutzt. Seine Anwälte behaupten, er habe ganz ein spezielles Verfahren entwickelt, das die Lippenbewegungen bei der Synchronisation realistischer aussehen ließe. (Ein Phänomen übrigens, das man sich hierzulande gar nicht vorstellen kann: Der Amerikaner hat einen sehr viel genaueren Blick dafür, wann was synchronisiert ist. Deshalb gehen sie ja auch nie in europäische Filme, sondern viel lieber in deren Remakes. Das wäre sicher auch was für Herrn Lacan und die Philosophie der stimmlichen Selbstpräsenz.) Es geht um die Stellen in dem für dreizehn Oscars nominierten „Forrest Gump“, an denen der Protagonist mit Nixon, Johnson, Kennedy und wie sie alle hießen plaudert („I've got to pee“). Von Seiten der Produzenten hört man, sie seien bereit, den Fehdehandschuh aufzunehmen.

Bill Berry, der Drummer von R.E.M., wurde aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem er eine Operation wegen einer Hirnblutung über sich ergehen lassen mußte. Das war in Lausanne, wo Berry mit ungeheuren Kopfschmerzen von der Bühne getragen werden mußte. Gut Holz, Bill.

Der 31jährige Raoul Schrott hat am Samstag abend den diesjährigen Leonce-und-Lena-Preis erhalten. Die Jury fand nämlich, daß er „mit erstaunlicher Präzision und fulminanter Sprache Alltagsmaterial und mythische Stoffe miteinander verknüpft“. Die mit 15.000 Mark dotierte Auszeichnung gilt als bedeutendster Preis für Nachwuchsdichter in Deutschland. Sie wird alle zwei Jahre verliehen und ist, wie Sie schon ahnten, nach dem gleichnamigen Lustpiel von Georg Büchner benannt, wie auch die Berliner Körtestraße nach einem Dr. Körte benannt worden ist, der

unweit der Straße in einem Krankenhaus wirkte, das wiederum Urban nach einem gleichnamigen Mann heißt (was aber weder dieser noch Körte damals wissen konnten).

Brandaktuell aus Mannheim: Der aus Karlsruhe stammende Künstler Thomas Gatzemeier zeigt seit Samstag eine Installation von 17 leicht überlebensgroßen, an Kopf und Körper versehrten menschlichen Figuren aus Eisen und Pappmache (gute Kombi). Diese 17 Figuren sollen an die Menschen erinnern, die 1992 in Deutschland Opfer rechtsradikaler Gewalt wurden. Sie liegen als Torsi ihrer selbst wie durcheinandergeworfen im Raum. In eine Mahntafel werden die Opfer und die Orte der Verbrechen eingeätzt.

Die belgische Fluglinie Sabena hat am Freitag, offenbar nicht ahnend, daß sie die schreckliche Rache einer wackeren deutschen tageszeitung fürchten müssen, der nach wie vor von der Fatwa bedrohten Taslima Nasrin die Mitreise verweigert. Dies sei eine Schande für Belgien, das sich angeblich der Verteidigung der Menschenrechte verpflichtet fühle, sagte Frau Nasrin. Sie flog dann mit einer anderen Maschine nach Belgien, wo sie von der Universität Gent die Ehrendoktorwürde erhielt. Der belgische Verkehrsminister entschuldigte sich.

Ein Mensch namens Von Droste zu Hülshoff findet es gut, daß die Stadt Quedlinburg in die Welt-Erbeliste der Unesco aufgenommen ward, denn schließlich sei es eine Stadt mit Weltgeltung. Auf einer Stufe mit Jerusalem oder St. Petersburg. Allerdings ergäben sich daraus auch Verpflichtungen. Hier wollte er nicht ins Detail gehen, sondern nur andeutungsweise auf die 150 bis 1200 Fachwerkhäuser hinblinzeln, die da wohl dann noch zu restaurieren oder was wären.

Bundesbauminister Töpfer wiederum, seinerseits nicht faul, verwies auf die unzähligen Finanzhilfen, die Quedlinburg bereits empfangen habe, hatte also den Wink durchaus verstanden und geschickt pariert. Beispielsweise habe die Stadt, nehme man alles nur in allem, 20,6 Millionen Mark erhalten. Bürgermeister Röhricht wiederum nannte die Einheit von Wohnen, Geschäftstätigkeit und Erholung in der historischen Altstadt „einfach klasse“ und das Ziel aller Anstrengungen.

Wir möchten dennoch mal nachfragen, dpa, wer diesen Ticker geschrieben hat? Kein Hinweis zum Beispiel darauf, wer dieser Von Droste zu Hülshoff ist, dessen Name ja nun, gelinde gesagt, nicht wie ein Zufall klingt. Außerdem mußte man schon zu epd greifen, um zu erfahren, daß die „Harzstadt Quedlinburg“ als „außergewöhnliches Beispiel für eine europäische mittelalterliche Stadt gewürdigt wurde“. Oder daß die Stiftskirche St. Servatius aus dem Jahr 1129 als „architektonisches Meisterwerk der Romantik gilt“. Dort ist auch ein Schatz zu sehen. Wie er heißt? Na: Quedlinburger Domschatz.