■ Das Portrait: Keinen Bock mehr
Sie kam 1991 als Seiteneinsteigerin ins hessisch-rot- grüne Kabinett von Ministerpräsident Hans Eichel (SPD). Mit der promovierten Soziologin Evelies Mayer (57) wollte Eichel beweisen, daß an seinem Kabinettstisch Platz ist für WissenschaftlerInnen – auch wenn sie nicht die sozialdemokratische Ochsentour absolviert haben. Am Sonnabend allerdings beendete Professorin Mayer ihr Gastspiel als Ministerin für Wissenschaft und Kunst. Die Sparkommissare von den Bündnisgrünen, rechtfertigte sie ihren Rücktritt, hätten ihr Hochschulreformkonzept „konterkariert“.
Die 1938 im niederländischen Heerlen geborene Evelies Mayer studierte in Frankfurt am Main Soziologie und promovierte 1970. Anschließend übernahm sie einen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule in Darmstadt. Hier entwickelte Mayer den Forschungsschwerpunkt „interdiziplinäre Technikforschung“, dessen geschäftsführende Direktorin sie bis 1991 war.
Seit 1964 gehört Mayer der SPD an. Das Gewerkschaftsmitglied (ÖTV) engagierte sich bei den Jungsozialisten, gehörte dem Parteirat an sowie elf Jahre der Schiedskommission der SPD Hessen-Süd. Daß Hans Eichel sie 1991 in sein Kabinett holte, war gerade für die nordhessischen Platzhirsche der SPD eine Provokation – aber auch für einige PD- Frauen. Viele, die sich Chancen ausgerechnet hatten, waren vergrätzt. Eine Hausmacht in der Partei hat Evelies Mayer nie gehabt. Und deshalb wird ihr Abgang von vielen hessischen SozialdemokratInnen mit einem Schulterzucken hingenommen werden.
Evelies Mayer Foto: Pat Meise
Dabei hat sich Mayer tatsächlich um die Hochschulen des Landes „verdient gemacht“, wie SPD-Fraktionschef Armin Clauss erklärte. Ihre Hochschulstrukturreform sollte die katastrophalen Lehr- und Lernbedingungen auch an den hessischen Fachhochschulen und Universitäten verbessern, ohne dafür den freien Zugang zu diesen Hochschulen einschränken zu müssen. Die Sparvorschläge der Bündnisgrünen, so Mayer vorgestern, machten es unmöglich, die Bildungsschmieden für alle Bevölkerungsschichten offenzuhalten. Dafür möchte sie nicht die Verantwortung tragen. Mayer kündigte – und nach ihrem Abgang bleiben vom einst so stolzen Kabinett Eichel von 1991 nur noch drei MinisterInnen übrig: Iris Blaul (Bündnisgrüne), Hartmut Holzapfel und Christine Hohmann-Dennhardt. Klaus-Peter Klingelschmitt
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