Frech kommt weiter

■ Die „Babbitts“, das etwas andere Rockquintett: Auf dem mühsamen Weg, anstreng-ende Popmusik aus Bremen in die Welt zu bringen/ CD-Release-Party im „Tower“

„Nur Musik machen“ reicht nicht. Und frech kommt weiter. Soviel haben die „Babbitts“ inzwischen kapiert. Wenn jetzt ihre neue Produktion „Suspicious“ als CD im Eigenverlag promotet wird, ist das ein konsequenter Schritt auf einer Marktschiene, die zumindest in Bremen noch etwas unüblich ist. Die Sternchen der heimischen Popszene – die „Romeos“ oder „Rumble On The Beach“ – haben sich vor allem über die alte Rockerkarriere vorangebracht: 1000 Nächte im Übungskeller, 500 Gigs in kleinen Clubs – dann endlich die erste eigene Platte! Nicht so die „Babbitts“. Zuerst der gute Tonträger – der soll dann die Türen aufschließen, in den Rundfunkstationen und bei den PR-Abteilungen der Labels.

Leicht konsumierbar ist der Babbitts-Sound natürlich trotzdem nicht. Unverdaulichkeit ist immer noch Programm. „Die CD soll anstrengend sein, danach soll der Hörer ja nicht gleich was Neues konsumieren“, sagt Dirk Luellich, Sänger der Gruppe. Bei Radiostationen, wo das Wort „polarisieren“ die größtmögliche Beleidigung für das Musikprogramm darstellt, kommt so ein Anspruch einem Todesurteil gleich. So sitzen die Bremer ein bißchen zwischen allen Stühlen: Für kommerzielle Plattenfirmen sind sie zu weit entfernt von dem, was das Privatradio an Rock und Härte noch zuläßt. In den komfortablen Nischen des alternativen Lagers hat jedoch der an den Siebzigern orientierte Sound auch nichts verloren.

Trotzdem bleibt Dirk dabei: „Bislang sind wir hochambitionierte Feierabendprofis. Jetzt wollen wir richtige Profis werden.“ Das fängt schon bei der Produktion an. Das M. Dyke-Studio mit seinen 24-Ton-Spuren bedeutete diesmal einen qualitativen Schritt nach von; das letzte Werk, die „Outer-Space“-LP, war noch auf einem 8- Spur-Gerät gemixt worden.

Und jetzt heißt es Klinken putzen. „Wir sind dreist mit dem Bus überall vorgefahren, bei Roadrunner, bei EMI. Und obwohl wir nicht angemeldet waren, haben die sich das Zeug sogar angehört,“ grinst Dirk. Den erhofften Deal haben die Babbitts aber noch nicht in der Tasche, die CD erscheint im Selbstverlag. Die Musiker mußten ihre Silberlinge schon eigenhändig in die Bremer Plattenläden schleppen. Wie geht der Plan weiter? Punkt Eins: gezielt ausgewählte Live-Gigs spielen. Punkt Zwei: skrupellos wichtigen Leuten in den Ohren liegen. „Das klappt ganz gut,“ meint Dirk. Im letzten Jahr etwa wurden die Fünf unter 7000 Bewerbern stolze dritte des Local Heroes-Wettbewerbs von Radio FFN. „Wenn wir heute anrufen, sind die gleich viel kooperativer. Es ist zwar Scheisse, aber es kommt voll darauf an, daß 'man sich kennt',“ äfft die Babbitts-Stimme die lockeren Unterhaltungs-Profis nach.

Die Basis für den Erfolg mit Promo-Starthilfe ist da. Den Sprung, satter, fetter, professioneller, aber nicht steriler zu klingen, haben die Babbitts geschafft. Dank der professionellen Hilfe im Studio – auch bei den Arrangements – hat „Suspicious“ das Zeug dazu, zumindest national in der ersten Liga mitzuspielen. Zwischen Melancholie und Agressivität verstehen es die Babbitts, mit ihren Stücken Stimmungen überzeugend rüberzubringen. Hartes wirkt nicht aufgesetzt, Sanftes nicht zu kommerziell und seicht. Ein Hauch mehr Groove, und man möchte an die Berliner Senkrechtstarter „Big Light“ denken, die auch den knackigen Siebziger-Gitarren-Sound revitalisierten. Deren Beispiel zeigt, daß die Lage für die Babbits wahrlich nicht hoffnungslos ist: Nachdem sich immer mehr Leute für den verschrobenen Sound des Trios begeisterten, mußten Programmdirektoren allerorten zähneknirschend diese Unterbrechung des monotonen Klangteppichs akzeptieren. Lars Reppesgaard

CD-Release-Party am Mittwoch, 29.3., im Tower (Herdentorsteinweg), 20 Uhr