■ Nie war er so sinnlos wie heute: der Klimagipfel
: Zu lahm, zu platt

Sie sollen zu Hause bleiben. Der Klimagipfel wird nicht einmal auf einem Hügel, sondern in der platten Ebene stattfinden. Das Ergebnis steht schon fest. Die MinisterInnen werden beschließen, daß sie 1997 in Tokio etwas beschließen wollen. Das aber hatten sie bereits 1992 in Rio für ihr Berliner Treffen verabredet. Wie sich jetzt herausstellt, war das damals also nur der Beschluß eines Beschlusses für einen Beschluß. Nicht unwahrscheinlich, daß sie in zwei Jahren noch eine weitere Runde hinzufügen werden.

Der Verweis auf einen allgemein verbindlichen Prozeß macht es den Regierungen leicht, Aktivität vorzutäuschen und ansonsten mit den Industrielobbyisten essen zu gehen. Daß Helmut Kohls Ankündigung, Deutschland werde bis zum Jahr 2005 zwischen 25 und 30 Prozent weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen, nur heiße Luft war, hat er vielfach bewiesen. Höhere Umweltstandards deklariert er stets als Standortnachteil, und noch immer gilt für ihn die Maxime: Freie Fahrt für freie Bürger. Auch die Chance für eine Energiesteuer hat die deutsche Regierung auf Jahre hin vertan. Für ihre nichtssagende Absichtserklärung, „bis zu 20 Prozent“ einsparen zu wollen, bekam die Industrie die Zusage einer Verordnungs- und Steuerabstinenz. Gesetze will die Bundesregierung der Wirtschaft nicht mehr zumuten, solange andere Länder dies auch nicht tun.

Der Verweis auf UNO und Europäische Union bedeutet ein Festkrallen an der althergebrachten Wirtschaftsweise, bei der Energie fast nichts kostet: billigstpreise für Aluminiumfabriken und andere Stromfresser sowie Transportwege um den halben Globus. Er bedeutet zugleich den sicheren Untergang vieler Inselstaaten. Dabei steckt in harten Energiespargesetzen ein großes Innovationspotential. Denn längerfristig wird sich ein geringerer Verbrauch auch ökonomisch rechnen, weil die Rohstoffe irgendwann knapp und damit teuer werden. Nur wenn einzelne Länder vorpreschen und ihrer Industrie Druck machen, werden die Forschungsabteilungen aktiv. Zwar wandern sicherlich einige Betriebe in Regionen ab, wo Energie noch üppiger verschwendet werden darf – denn kurzfristig verspricht das höhere Gewinne. Auf längere Sicht aber werden die Öl- und Stromsparer das Rennen machen.

Statt mit dem Berliner Klimagipfel auf die Lahmsten zu warten, die nicht einmal unterschreiben wollen, daß die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, sollten einzelne Länder vorangehen. Dort werden die Ideen für die Wirtschaft von morgen entstehen. Schon bald entdecken die Leute in anderen Regionen dann, daß sie sich im Tal befinden und auch den Berg hinaufmüssen, um an einen attraktiven Standort zu gelangen. Die BewohnerInnen der Inselstaaten können nur hoffen, daß dieser Gipfelsturm noch rechtzeitig für sie kommt. Annette Jensen