Erste Evakuierungsaktion in Burundi

■ Frankreich läßt 150 Ausländer ausfliegen, sieht aber trotz der Kämpfe in Bujumbura keinen Bedarf für weitergehende Intervention / Burundis Präsident Ntibantunganya sieht "Beginn eines Völkermordes"

Bujumbura/Berlin (AFP/taz/ rtr) – Während in der burundischen Hauptstadt Bujumbura gestern nach mehreren Tagen blutiger Kämpfe relative Ruhe herrschte und einige Ladenbesitzer sogar wieder ihre Geschäfte öffneten, hat das Ausland die Gelegenheit zum Handeln ergriffen: Eine Air-France-Maschine wurde von Frankreich aus nach Burundi geschickt, um am heutigen Dienstag dort 150 Ausländer zu evakuieren. Weitere Aktionen sind von ausländischer Seite offenbar nicht geplant, abgesehen von einer gestern begonnenen UN-Sicherheitsratsdebatte. Ein internationaler Militäreinsatz sei „für den Augenblick“ nicht gerechtfertigt, sagte Frankreichs Entwicklungshilfeminister Bernard Debré, der an der Spitze einer Delegation der EU- Troika aus Frankreich, Deutschland und Spanien nach Burundi gereist war. Für Deutschland nahm der Afrika-Beauftragte des Auswärtigen Amtes, Harald Ganns, an der Reise teil; eine offizielle Einschätzung der Lage von deutscher Seite lag gestern noch nicht vor.

Sehr viel ernster als Debré schätzt Burundis Präsident Sylvestre Ntibantunganya die Situation ein, die er in einem Rundfunkinterview als den „Beginn eines Völkermordes“ charakterisierte. Allein in der Nacht zum Freitag seien in der Hauptstadt Bujumbura 150 Menschen von Soldaten getötet worden. Internationale Beobachter seien erforderlich, um eine Katastrophe wie in Ruanda zu verhindern. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, politisch gegen die „extremen Kräfte“ Stellung zu beziehen.

Hilfsorganisationen schätzen, daß seit Ausbruch der Gewalttätigkeiten bereits bis zu 500 Menschen getötet wurden. In den Straßen Bujumburas lagen nach Ausbruch der Feindseligkeiten Dutzende von Leichen; Tausende von Hutu-Einwohnern flohen in Vororte, als Tutsi-Banden Häuser niederbrannten, die Hutu gehörten. Die Hauptstadt Bujumbura ist mittlerweile vollständig in Hutu- und Tutsi-Viertel geteilt. Die von Tutsi dominierte Armee hatte in den letzten Tagen Viertel, in denen Hutu-Milizen operieren, umstellt, worauf es zu Kämpfen gekommen war. Bei ihren Ausschreitungen gegen die Hutu wurden die teils betrunkenen Tutsi-Milizionäre nach Augenzeugenberichten oft von den Sicherheitskräften ermutigt, die sich auch anderweitig unrühmlich hervortaten: So wurde die Reuter-Fotografin Corinne Dufka, von der das nebenstehende Bild stammt, nach eigenen Angaben am Sonntag viermal festgenommen.

Seit Freitag trafen laut UN-Angaben in der ostzairischen Stadt Uvira 23.500 Flüchtlinge ein, die vor der Gewalt geflohen waren. Etwa die Hälfte der Flüchtlinge seien Zairer, die Burundi wegen der Unruhen verlassen. Ntibantunganya bezifferte die Zahl der Flüchtlinge auf 50.000. Der Bürgermeister von Bujumbura wollte sich gestern an die nahe Grenze zu Zaire begeben, um die Flüchtlinge zur Rückkehr zu bewegen. D. J.