■ Mit der Gipfel-Klimabilanz auf du und du
: Tonnenschwere Luft

Berlin (taz) – Die Berliner Klimakonferenz wird die Atmosphäre mit soviel Kohlendioxid belasten, wie 51.785 NigerianerInnen in einem Jahr produzieren. Und immerhin 1.295 Deutsche könnten für den gleichen Beitrag zum Treibhaus Erde ein Jahr lang Milch und Sekt kühlen, mit dem Auto rumkurven und ihr Laptop bearbeiten. Das hat Malte Schmidthals vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UFU) in Berlin ausgerechnet. „Wenn politisch was bei der Konferenz rauskäme, wäre die Ökobilanz natürlich zu vernachlässigen“, räumt der Umwelttechniker ein. Die Versammlung zeige aber in jedem Fall, wie klimaschädlich das Leben im Industriezeitalter und insbesondere der Flugverkehr sei.

Schmidthals rechnet mit durchschnittlich zehn BeamtInnen und WissenschaftlerInnen pro Land. Hinzu kommen noch je vier RegierungsvertreterInnen sowie insgesamt 1.000 JournalistInnen und Leute von Umweltgruppen. „Die Abschätzungen sind sehr vorsichtig und auf keinen Fall zu hoch angesetzt“, sagt der Forscher.

Entschieden den größten Dreck machen die Delegationen bei der An- und Abreise – mit Ausnahme einiger holländischer Beamter: Sie kommen per Rad und damit CO2-frei. Fast der gesamte Rest der KonferenzteilnehmerInnen aber wird per Jet einschweben. Insgesamt 55.950.000 Flugkilometer kommen so zusammen. Allein hierdurch wird die Luft mit 7.112 Tonnen Kohlendioxid belastet. Weil aber CO2 in höheren Atmosphäreschichten noch weitaus zerstörerischer wirkt als in Bodennähe, hat Schmidthals diesen Wert in seiner Bilanz verdoppelt. Das ist auf keinen Fall zu hoch angesetzt, bestätigt das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Die 431 Tonnen CO2 durch Auto-, Bus- und BahnfahrerInnen sind dagegen fast bescheiden – allerdings sind diese Wege ja auch wesentlich kürzer.

Weilen die KlimaexpertInnen erst einmal in Berlin, verbrauchen sie nicht mehr als normale Geschäftsleute. Für die 36.080 Übernachtungen veranschlagt Schmidthals etwa 600 Tonnen Kohlendioxid: Energie für Rasierapparate und Eierkocher, Heizkörper und Müllabfuhr. Hinzu kommen noch 200 Tonnen CO2 für den Transport zu den Veranstaltungsorten. Summa summarum wird die Berliner Klimakonferenz die Luft mit weiteren 15.536 Tonnen Kohlendioxid anreichern.

Aber nicht nur derartige Großereignisse, sondern unser energieaufwendiger Alltag läßt die Menschen auf den Malediven demnächst absaufen. 12 Tonnen reines Kohlendioxid verursacht jeder Michel und jede Michaela hierzulande im Jahr. Würde man das CO2 bei 70 Grad minus in Trockeneis verwandeln, lastete auf jedem Kopf die Verantwortung für einen Würfel mit 18 Meter Kantenlänge. Annette Jensen