: Die Grünen werden klassisch
■ Rot-grüne Koalition in Hessen steht / Plottnitz wird erster grüner Justizminister der Republik
Wiesbaden (taz) – Erstmals in ihrer Geschichte übernehmen die Grünen ein klassisches Ressort: Nach der Einigung mit der SPD über das Koalitionspapier in Hessen erhalten sie im neuen Kabinett von Ministerpräsident Hans Eichel das Justizministerium. Rupert von Plottnitz wird im neuen, auf acht Ministerien verkleinerten Kabinett Eichel Staatsminister für Justiz und Europaangelegenheiten werden. Und seine Parteikollegin Iris Blaul wird „Superministerin“ für Jugend, Familie, Gesundheit, Umwelt und Energie.
„Zufrieden“ seien die Bündnisgrünen denn auch mit dem Ausgang dieser Koalitionsverhandlungen, sagte Iris Blaul. Denn daß sie nach den zähen Verhandlungen, bei denen „wir dahin gegangen sind, wo es weh tut“ (Plottnitz), die Gewinner sind, steht außer Zweifel. Bei nur acht Ministerien konnten die Bündnisgrünen ihren Besitzstand wahren und mit dem Justizministerium zusätzlich eine „neue Seite“ im Geschichtsbuch der Partei aufschlagen, wie sich der designierte Minister gestern ausdrückte. Damit sei das gute Abschneiden der Bündnisgrünen bei den Landtagswahlen entsprechend gewürdigt worden.
Ein bärbeißiger SPD-Fraktionschef Armin Clauss verzichtete dagegen auf ein Statement vor der Landespressekonferenz. Die Sozialdemokraten haben sich dem eisernen Sparwillen der Bündnisgrünen nicht nur bei der Festlegung auf den Abbau von knapp 3.000 Stellen in der Landesverwaltung beugen müssen. Mit der von Eichel angekündigten und dann auch durchgesetzten Verkleinerung der Landesregierung und dem Ausscheiden von vier SPD-MinisterInnen aus dem Kabinett waren auch mehrere Rochaden bei den sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern unumgänglich.
Der bisherige Wirtschaftsminister Lothar Klemm avanciert zum Landesentwicklungsminister. Innenminister Gerhard Bökel bekommt die Zuständigkeiten für den Naturschutz und die Land- und Forstwirtschaft zugesprochen. Die bisherige Justizministerin Christine Hohmann- Dennhardt wird Ministerin für Wissenschaft und Kunst. Und der Kandidat der Rechten in der hessischen SPD, Landtagspräsident Karl Starzacher, soll in diesen „harten Zeiten der knappen Kassen“ (Bündnisgrüne) Finanzminister werden. Als neue Ministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung nominierte Eichel die Vorsitzende des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV), Barbara Stolterfoht.
Trotz strikten Sparkurses, so Eichel, wolle man an vier Punkten an der sozial- ökologischen Reformpolitik festhalten: Kindergartenplätze schaffen, 30.000 neue Wohnungen bauen, die Beschäftigungspolitik fortschreiben und den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen.
Klaus-Peter Klingelschmitt
Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10
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