■ Mit der Gerechtigkeit auf Du und Du
: Antifas vor Gericht

Weil sie im August 1994 gegen eine Neonazi-Veranstaltung zum „Gedenken“ von Rudolf Heß demonstrieren wollten, standen gestern zwei BremerInnen vor dem Amtsgericht. Beide hatten Einspruch gegen verhängte Bußgelder wegen „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“ eingelegt. Der Vorwurf: Sie hätten an einer „verbotenen Versammlung“ teilgenommen.

Das Stadtamt hatte die von dem Neonazi Privenau angemeldete „Gedenkveranstaltung“ und den „Antifaschistische Info-Treffpunkt“ dagegen am Ziegenmarkt gleichermaßen verboten und zwar mit der Begründung, es würde eine „Gefährdungslage“ bestehen, wenn beide Gruppen zusammenträfen. Zwar wußte der Verfassungsschutz schon am Abend vorher, daß in Bremen keine Nazis aufmaschieren würden, zwei Hundertschaften Polizei nahmen dennoch nach einem massiven Prügeleinsatz 23 AntifaschistInnen in Präventivhaft.

Der Verhandlungsraum des Amtsgerichts war bis auf den letzten Platz besetzt, einer der Beschuldigten erklärte: „In dem Verbot der Gegendemonstration sehe ich eine fragwürdige Tendenz zur Gleichsetzung von Naziverherrlichung und Gegnerschaft.“

Anwalt Albert Timmer stellte die Frage, ob es sich bei dem „Haufen“ am Ziegenmarkt überhaupt um die verbotene Demo handelte und wenn ja, ob die Polizei nach der geänderten Gefahrenlage nicht eher das Recht auf Versammlungsfreiheit hätte schützen müssen. Richter Rathke insistierte darauf, daß eine verbotene Versammlung aufzulösen gewesen sei. Wenn die eine Veranstaltung nachträglich genehmigt worden wäre, hätte nach dem Gleichheitsgedanken das Verbot der Nazi-Demonstration auch aufgehoben werden müssen.

Die beiden Verteidiger versuchten immer wieder von den als Zeugen geladenen Polizisten zu erfahren, wie sie denn erkennen konnten, ob es sich bei den Verhafteten nicht doch um Passanten gehandelt hat und ob sich überhaupt erkennbar um eine Demonstration gehandelt habe. Als von der Gruppe ein Megaphon benutzt worden war, habe er handeln müssen, sagte Einsatzleiter Wagemann. Vorher wäre er bereit gewesen, die Versammlung zu tolerieren.

Eine Zuschauerin, die auch am 13.8. dabei war, schilderte gegenüber der taz ihre Eindrücke von dem Tag: „Die eine Polizistin ist eine ziemlich Brutale. Sie hat mir selber mit dem Knüppel über den Kopf gehauen, überhaupt war die Polizei unverhältnismäßig brutal. Meine Freunde und ich haben uns gerade überlegt, ob wir nicht gehen sollten. Da legten die schon los. Eh' wir uns versahen, waren wir im Polizeiwagen. Eine 16jährige Türkin, die gerade ihre Verwandten besucht hatte, war auch bei uns im Wagen.“ M.C.

Das Verfahren wird am Dienstag, den 4.4. um 13 Uhr R. 651 fortgesetzt.

Hier sollen u.a. Polizeivideos und weiter Polizeizeugen die wahren Tatbestände verhelldunkeln.