: Sechsmal Zaire und zurück
■ Unerwartete Folgen der ersten gemeinsamen Ausländer-Abschiebung aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden: Zaires Behörden schicken sechs Deportierte wieder zurück
Berlin (taz) – Wumba-Claude Nzaki war nicht der typische Abschiebehäftling. Ehemann einer Französin und Vater eines einjährigen Sohnes, versuchte der Zairer vier Jahre lang, einen regulären Aufenthaltsstatus in Frankreich zu erlangen. 1991 war sein Asylantrag von den Behörden abgelehnt worden, im September 1992 erhielt er seinen ersten Ausweisungsbescheid, dem er aber nicht Folge leistete. Statt dessen heiratete er und bekam ein Kind, und gemeinsam mit seiner Frau Dominique schlug er sich danach hartnäckig mit den Behörden herum. Zweimal urteilten französische Gerichte zugunsten seines „Familienlebens“ und gegen eine Ausweisung. Als er jetzt für den 21. März wieder einmal zur Polizei zitiert wurde, glaubte er, nun endlich seine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, und nahm sein Kind gleich mit. Doch am nächsten Morgen saß der 34jährige schon im Flugzeug nach Zaire – abgeschoben. Die Ehefrau durfte noch von der Polizeiwache das Baby abholen.
Wumba-Claude Nzaki war einer von 44 Zairern, die in einer beispiellosen gemeinsamen Aktion der Regierungen Frankreichs, Deutschlands und der Niederlande am Mittwoch vergangener Woche in einem niederländischen Flugzeug in die zairische Hauptstadt Kinshasa abgeschoben wurden. Das niederländische Justizministerium freute sich über die „engere Zusammenarbeit im EU-Rahmen“, die „auf gewisse Weise das an diesem Wochenende in Kraft tretende Schengener Abkommen“ illustriere. Außerdem sei die Sammelabschiebung, an der auch sechs Zairer aus Deutschland beteiligt waren, billiger als drei Separatflüge. Vielleicht nicht rein zufällig folgte die Aktion auf einen Europabesuch des zairischen Diktators Mobutu, der nach dem Weltsozialgipfel in Kopenhagen Freunde in Bremen besuchte und in Paris unter anderem mit dem gaullistischen Afrikapolitiker Jacques Foccart zusammentraf.
Der Abschiebeflug landete am vergangenen Mittwoch um 16.10 Uhr auf dem Njili-Flughafen von Kinshasa. Dort warteten bereits in Zivil gekleidete Polizisten und Mitglieder der Präsidialgarde sowie Diplomaten der drei Entsendeländer. Zairische Menschenrechtler, die ebenfalls die Ankunft des Fluges beobachteten, erklärten später, „eine schwangere Frau“ unter den Abgeschobenen gesehen zu haben. „die sich beim Verlassen des Flugzeuges offensichtlich so sehr vor Schmerzen krümmte, daß sie von zwei weiblichen Flughafenangestellten gestützt werden mußte“. Die Abgeschobenen wurden im Wartesaal einzeln von Geheimdienstlern befragt, worauf 38 der 44 erlaubt wurde, den Flughafen zu verlassen.
Die anderen sechs wurden von den zairischen Behörden postwendend zurückgeschickt, da – wie Sombo di Bele, Sprecher des zairischen Premierministers Kengo wa Dondo erklärte – sie gar keine Zairer waren, sondern aus der Elfenbeinküste, Ghana, Senegal, Haiti und „einem lateinamerikanischen Land“ stammten. Kein Ruhmesblatt für die EU, zumal sich Menschenrechtsorganisationen bereits Sorgen um das weitere Schicksal der verbliebenen 38 machen. Und die Anwälte von Wumba-Claude Nzaki wollen die Europäische Menschenrechtskommission einschalten, um die Rückkehr des Vaters zu Frau und Kind zu erreichen. Dominic Johnson
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