Kommentar: Agenten-Spielchen
■ Lemke hat für nichts mit KGB gespielt
Der Zivilprozeß zwischen dem Fußball-Manager und dem Verfassungsschutz-Star hat sicher großen Unterhaltungswert. Im Grunde geht es aber um todernste Probleme: Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist zu Recht ein hohes Gut. Aber wenn nicht mehr als die Wahrheit gesagt wird? Daß die Veröffentlichung des Hinweises auf Lemkes KGB/VS-Vergangenheit überhaupt Gegenstand in einem Zivilprozeß werden kann, hängt nur mit den Dienstpflichten dessen zusammen, der da aus dem Nähkästchen geplaudert hat. Jeder andere kann ohne Klagerisiko das sagen, was Horchem geschrieben hat. Letztlich geht es also um den besonderen Geheimnisschutz des VS.
Horchem hat mit seinen engen Kontakten zur Presse immer versucht, den Schleier des Geheimnisvollen vom Verfassungsschutz wegzunehmen - in der Absicht, aus dem VS eine Instition wie die Fahrkartenkontrolle zu machen. Er hat aber unfreiwillig eine ganz andere Wahrheit ausgeplaudert: Offensichtlich war Lemke nicht der einzige junge Student, der für ein paar Hundertmarkscheine gegen den KGB verpflichtet wurde. Was war es dem Verfassungsschutz wert, den Lebensweg dieser Studenten mit einem erheblichen Risiko zu belasten? Wahrscheinlich nicht mehr als Agentenspielchen. Wahrscheinlich hat Lemke dem KGB nichts erzählt, was von Wert war. Aber ganz sicher hat Lemke auch nichts erfahren, was dieses Risiko hätte rechtfertigen können. Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen