Äppel vom King

■ Elvis-Büsten und andere Devotionalien unterm Fernsehturm

„Alles in allem bleibt nur noch ein Moment, den ich gern erleben würde; eine Offenbarung, die irgendwie seine Geschichte abrunden würde. Elvis käme auf die Bühne, wie er es immer getan hat; das Gebrüll des Publikums würde ihn umtosen, wie es das immer tun wird. Nach einer Weile würde er mit einem Song von Bob Dylan anfangen. Er würde langsam singen und alles, was er hat, in den Song hineinlegen. ,I must have been mad‘, würde er klagen, ,I didn't know what I had – until I threw it all away‘.“ So zitiert Klaus Theweleit in seinen „Recording Angels' Mysteries“ (Band 2y seines ,epochalen‘ book of kings) Greil Marcus. Die Leute, die das Zeugs aufgesammelt hätten, wenn es Elvis denn je freiwillig fortgeworfen hätte, die Leute, die nach dem Krieg in den Städten hinter Pferden herliefen, um „Pferdeäpfel“ zu sammeln, die reisen seit Jahren mit einem „Elvis-Museum“ durch die Gegend.

Im Moment machen sie Station in den häßlichen Ausstellungssälen am Betonfuß des Fernsehturms am Alex. Von einem „Elvis Presley Museum“ prahlt ein Transparent draußen. Drinnen sind 12 Mark Eintritt fällig. Was dann folgt, ist mehr als enttäuschend. In angeranzten Vitrinen fristen Elvis- Devotionalien ihr karges Dasein. Der Veranstalter dieses (vom Eintrittspreis abgesehen) billigen Wanderzirkus heißt „Taking Care Of Business – Elvis“ und ist sich nicht zu blöd, in seinem dünnen Ausstellungskatalögchen mit einem Plakat von 1989 zu werben.

Damals war genau dieselbe überflüssige Elvis-Ramsch-Sammlung schon einmal in Berlin zu begaffen. Der Katalog wirbt außerdem mit dem Bild einer Warteschlange mit Italienern – sie stehen angeblich an, um das „Elvis Museum“ in Rom zu sehen.

Unterm Fernsehturm verlieren sich gerade mal fünf Gestalten in dem großen Raum, und keiner hat wenigstens eine Tolle auf dem Kopf. In den verloren herumstehenden Glaskästen liegen diverse Singles, seine rote Hagström-Gitarre (spielte er angeblich bei seinem „Comeback-Special“ 1968), goldene Armbanduhren (Katalogtext: „Schmuck ließ sich Elvis jedes Jahr Millionen kosten“), sein Karateanzug und natürlich seine Armeeuniform. Draußen im Schnee steht ein Cadillac: „Es sollte Elvis Presleys letzter Privat-Cadillac sein. Elvis fuhr damit 25.000 Kilometer. Der Zündschlüssel ist aus 14 Karat Gold.“ Sonst noch was? Die Jacke seines Leibwächters und seines Leibarztes und ein „eigens für Elvis angefertigter Pullover aus dem Jahr 1957“.

An einem Verkaufstresen werden Elvis-Utensilien gehandelt, Trucker können sich hier eine neue Elvis-US-Flagge kaufen, anstatt bei Hertie. Vor leeren Stuhlreihen läuft ein Konzert-Video. An den Wänden hängen sinnlose Datenblätter: „1957: Elvis Presley gibt legendäres Konzert in...“ Eine grausige Kommerz-Messe, nach der feinfühlige Gemüter am liebsten vom Fernsehturm springen möchten. Andreas Becker

Fernsehturm am Alex, geöffnet täglich 11–19 Uhr, Tageskarte 12 Mark, bis 23. April