Partnerschaft der Schmutzigen

■ Roms grüner Oberbürgermeister spricht mit Diepgen über eine Städtepartnerschaft / Erfolge durch katastrophale Ausgangslagen

Berlin strebt eine Städtepartnerschaft mit Rom an. Das teilte gestern der römische Oberbürgermeister Francesco Rutelli mit. Diepgen und er hätten nach einem Gespräch beschlossen, ihre Verwaltungsmitarbeiter zu beauftragen, entsprechende Verträge und Abmachungen vorzubereiten. Rutelli, erster grüner Verwaltungs- chef einer europäischen Großstadt, nimmt zur Zeit am zweiten Welt-Bürgermeister-Gipfel im Schöneberger Rathaus teil.

Die neuen Wunschpartner haben in der Tat vieles gemein: Insbesondere können sich beide Regierungen zur Zeit im Licht ihrer ökologischen Erfolge sonnen, die vor allem darauf basieren, daß die jeweilige Ausgangsposition katastrophal war. Rutelli präsentierte gestern auf Einladung der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus beeindruckende Pläne zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Bis zum Jahr 2000 werde er das Schienennetz vervierfachen, kündigte er an. Allerdings: Bisher spielt der schienengebundene ÖPNV für den Verkehr in Rom praktisch keine Rolle.

Damit hat Rom in Berlin in der Tat einen würdigen Partner gefunden, rühmt sich der Senat doch der bereits erreichten Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes, obwohl diese vor allem auf die Stilllegung der Ostberliner Industrie zurückzuführen ist.

Die Pläne Rutellis, der Ende 1993 in direkter Wahl zum Stadtoberhaupt gemacht wurde, sind nahezu revolutionär, mißt man sie am Ist-Zustand. Bisher gibt es nach Angaben des 40jährigen in ganz Rom nur einen Radweg. Rutelli will sowohl die Uferstraße entlang des Tiber mit Spuren für Radler ausstatten als auch die Strecke von der historischen Innenstadt bis zum Meer. Insgesamt seien 120 zusätzliche Kilometer Radweg in Planung.

Bereits durchgesetzt hat der Grüne einen fast autofreien Donnerstagnachmittag. Woche für Woche darf von 14 bis 21 Uhr nicht mehr mit Autos ohne Katalysator gefahren werden, und Katalysatoren seien in Rom noch ausgesprochen selten. Die Bevölkerung habe das Verbot akzeptiert, da sie sich lange darauf habe vorbereiten können, so Rutelli. Die gesamte Luftverschmutzung Roms sei in dieser Zeit um mehr als die Hälfte reduziert, versicherte er.

Und eine Luftverbesserung um ein knappes Fünftel verspricht sich der optimistische Römer allein davon, daß er die längst überfällige Pflichtwartung für Autos eingeführt hat. Christian Arns