■ In Burundi droht ein neuer Völkermord
: Hat die UNO nichts gelernt?

Die Erklärung des UNO-Sicherheitsrates zu Burundi ist ein diplomatisches Armutszeugnis. Das Land gleicht einem Pulverfaß, in dem es keine stabilen Institutionen gibt und wo der geringste Streitanlaß zu brutalsten Morden führt. Immer wieder warnen neutrale Beobachter vor der Gefahr eines Völkermordes wie in Ruanda. Und dem Sicherheitsrat fällt dazu nichts Besseres ein, als auf die Existenz eines Völkermordtribunals zu verweisen.

Burundi ist ein zutiefst gespaltenes Land. Auf beiden Seiten wuchern bewaffnete Banden, deren Ideologie darin besteht, die andere Ethnie auszulöschen, bevor sie einen selbst auslöscht. Zum Beweis dafür, daß man den anderen nicht über den Weg trauen darf, verweisen die Hutu auf die wiederholten Pogrome der einstigen burundischen Tutsi-Miitärdiktatur in den 70er und 80er Jahren und die Tutsi auf den Völkermord in Ruanda 1994. Jede Seite ist davon überzeugt, daß sie es mit Monstern zu tun hat. Daß Burundis erster frei gewählter Präsident, ein Hutu, 1993 nach wenigen Monaten Amtszeit von Tutsi-Soldaten getötet wurde, hat ein politiches Vakuum entstehen lassen, das die im September letzten Jahres getroffenen Vereinbarungen zu einer paritätischen Machtteilung zwischen Hutu und Tutsi nicht haben füllen können.

Die Strategie der ausländischen Politiker, die sich mit Burundi befassen, ist bisher eine des Minimalismus. Man will „gemäßigte Kräfte“ stärken und die Hardliner isolieren – denn die Burunder, so die zweifellos richtige Überlegung, sind genausowenig von Natur aus Rassisten wie Menschen anderswo. Die vor Ort ziemlich pragmatische UNO wünscht sich Radiosender und ähnliche Propagandainstrumente, um der allgegenwärtigen Hetze etwas entgegenzusetzen.

Nun ist sicher die Befürchtung richtig, eine Militärintervention zugunsten der einen oder anderen Seite – vermutlich der „anderen“, der Hutu-Seite – würde erst recht zum Bürgerkrieg führen, da dann die Tutsi ihrerseits damit rechnen würden, vor einem Völkermord zu stehen. So kann es nicht darum gehen, Partei zu ergreifen. Doch zu sagen, eingreifen werde man unter keinen Umständen, ist genauso fatal – es begünstigt den Krieg. Es geht darum, Politiker in Burundi dazu zu bringen, nicht nur immer die Extremisten der anderen Seite zu verdammen, sondern auch die eigenen, und dadurch klarzustellen, daß das Konzept der Machtteilung nicht nur dem eigenen Vorteil dient, sondern tatsächlich die Zukunft Burundis davon abhängt. Also müßte sich die UNO wenigstens dazu durchringen, zu erklären, daß sie einen Frieden für Burundi den existierenden Vereinbarungen gemäß mit Friedenstruppen absichern würde.

Das ist weniger unsinnig, als es nach den schlechten Erfahrungen mit Friedenstruppen anderswo scheinen mag. Die von Tutsi dominierte burundische Armee könnte vorerst, wenn nötig durch Puffertruppen, von den Hutu-Vierteln in Bujumbura ferngehalten werden; statt dessen könnte sie die Tutsi-Banden entwaffnen, die ansonsten in der Hauptstadt ihr Unwesen treiben. Die Hutu-Guerillagruppen, die in Burundi und Zaire für den Krieg rüsten – teils mit Unterstützung einstiger Milizionäre aus Ruanda – müssen ebenfalls entwaffnet werden, und das kann nicht der burundischen Armee überlassen bleiben; dafür, wie das ja auch zum Beispiel die Lage in den ruandischen Flüchtlingslagern in Zaire gezeigt hat, sind ausländische Truppen vonnöten. Ein Jahr nach dem Beginn des Völkermordes in Ruanda wäre eine solche Initiative ein Eingeständnis der Welt, daß sie doch eine Lektion gelernt hat. Dominic Johnson