„Meeresblut“ am Neptunbrunnen

Eine Woche nach seinem Absturz vom Hochseil plant der Drahtseilakrobat Matthias Traber eine Klimainstallation als Wiedergutmachung  ■ Von Uwe Rada

Eine Peinlichkeit ist offenbar nicht genug. Knapp eine Woche nachdem der Hochseilartist Matthias Traber während des Klima- Balanceakts am Himmel über Berlin abgestürzt war, plant der 26jährige ein weiteres Spektakel. Heute mittag um 13 Uhr soll am Neptunbrunnen an der Marienkirche die Klimainstallation „Meeresblut“ aus der Taufe gehoben werden.

„Natürlich ist das auch ein Stück Wiedergutmachung“, sagte der Sohn des Drahtseilkönigs Alfredo Traber gestern auf einer Pressekonferenz im Hotel Hilton. Gesponsert wird die Installation „Klimablut“ vom Dudelsender mit dem Sex hinter dem Komma.

Ein Risiko für Leib und Leben ist heute nicht vorgesehen. Überladene Klimasymbolik hingegen darf auch bei der zweiten Traber- Performance anläßlich des Klimagipfels nicht fehlen. Um den drohenden Anstieg des Meeresspiegels infolge des Treibhauseffektes zu versinnbildlichen, sollen die Fontänen am Neptunbrunnen ab 13 Uhr zunächst doppelt so hoch springen wie üblich. „Das Umkippen des Klimas, das Verschwinden ganzer Inseln und der Tod vieler Tiere“, sagte Traber, „soll schließlich durch rotes Wasser symbolisiert werden, das aus dem Brunnen fließt.“

Eine reine Traumtänzerei wird es freilich nicht sein, die unter der barocken Wassermusik Georg Friedrich Händels am Brunnen des Gottes der Meere stattfindet. Wohl um die Berliner zu versöhnen, wird kein rot gefärbtes Wasser durch die Pumpen des Neptunbrunnens getrieben, sondern zwanzig Hektoliter „trockenen“ Rotweins. Rund um den Brunnen soll derweil schwarzer Nebel aufsteigen und die Anreicherung der Atmosphäre mit dem Klimakiller Kohlendioxid zur Schau stellen. Traber selbst wird bei der Aktion nur als Zuschauer anwesend sein. „Handeln“, sagte er, „müssen nun, da der Gipfel begonnen hat, vor allem die Politiker.“

Unterdessen sind die zwei Millionen Mark teuren Hochseil-Installationen der ersten Traber-Veranstaltung zwischen Fernsehturm und Dom noch immer nicht abgebaut. Matthias Traber zeigte sich allerdings zuversichtlich, daß die Berliner auch weiter seine „ehrliche Arbeit honorieren würden“. Charmant und humorvoll, wie ein Artist einer bis ins 17. Jahrhundert zurückgehenden Gauklerfamilie zu sein hat, dementierte Matthias Traber erneut die Gerüchte um seinen Vater Alfredo. Kurz nachdem Sohn Traber am vergangenen Sonntag nach 200 von insgesamt 620 Metern Drahtseillauf über dem Neptunbrunnen abgestürzt war, war eine Berliner Zeitung mit der angeblichen Alkoholkrankheit von Vater Traber in die Schlagzeilen gegangen. Matthias Traber betonte, daß der Vater zwar bei der heutigen Klimainstallation zugegen sein werde, auf einen Trunk aus den Neptunbrunnen aber verzichten wolle. Matthias Traber wörtlich: „Das ist eine eindeutige Absage an jene, die die hervorragende Leistung unserer Familie neiden.“ Traber vergaß nicht, seinem Vater wiederholt zu danken, und wünschte den Berlinern einen erfolgreichen Verlauf der noch bis Ende nächster Woche dauernden Weltklimakonferenz.

Unterstützung bekommt Traber auch vom Gesundheitsamt des Bezirks Mitte. In einer Sondergenehmigung wird den Veranstaltern eine „Schankerlaubnis“ für die Dauer des heutigen Spektakels erteilt.