„Ich liebe freie Rede“

■ Bernd Protzner über seine Zukunft und die der Volkspartei CSU

taz: Der CSU-Parteichef Waigel hat Sie als seinen „politischen Minenhund“ bezeichnet, andere Parteifreunde kritisieren, daß Sie in jedes Fettnäppchen treten. Wo sehen Sie denn eigentlich die Aufgaben eines Generalsekretärs?

Protzner: Der Generalsekretär hat die Partei fortzuentwickeln, thematisch wie organisatorisch. Wir werden die traditionellen Themen pflegen wie Sicherheit und Geborgenheit in der Politik, soziale Marktwirtschaft, die Stärkung der Familie als Lebensform der Zukunft. Darüber hinaus aber werden wir auch die ökologischen Fragen stärker betonen und unsere Offenheit für Zukunftsaufgaben darstellen.

Sie werden mittlerweile ziemlich stark kritisiert, auch aus den eigenen Reihen ...

... Sie sagen ziemlich stark. Das sind doch nur wenige Personen, die Partei ist aber sehr groß.

Ein Landespolitiker, der anonym bleiben wollte, hat ihnen letzte Woche noch ganze drei Monate im Amt gegeben. Halten Sie länger durch?

Ja, selbstverständlich. Das ist keine Frage. Außerdem ist mir diese Aussage von niemandem in der CSU bekannt.

Innerhalb der CSU wird Ihnen vorgeworfen, Ihr Auftreten schwäche die Position Theo Waigels gegenüber Edmund Stoiber ...

.. Dem würde ich ganz entschieden widersprechen. Außerdem wollen ja nur interessierte Kreise einen Konflikt zwischen Waigel und Stoiber herbeireden. Den gibt es nicht. Bei uns herrschen enge Abstimmung und klare Übereinkünfte.

Muß ein Generalsekretär eigentlich ein Wadlbeißer sein?

Das ist eine Beschreibung, die ich mir nicht zugelegt habe. Der Generalsekretär muß die CSU von anderen Parteien abheben, er muß politische Konzepte miteinbringen und die Partei organisatorisch fit halten.

Sie sind angetreten der Partei eine Corporate Identity zu verpassen und sie fit zu machen für das nächste Jahrtausend. Woran hapert es noch?

Die CSU hat schon eine Corporate Identity. Sie ist die große Volkspartei in Bayern, die ein klares politisches Profil zeigt. Die CSU muß aber wieder mehr Mitglieder und Mitstreiter gewinnen. Sie muß vor allem bei den Frauen zulegen und auch bei den jüngeren Leuten.

Fit für die Zukunft, heißt das nicht auch Überlegungen zu Schwarz-Grün? Ein anderer Wadlbeißer der Union, der rheinland-pfälzische CDU-Chef Johannes Gerster, hat für sein Bundesland Schwarz-Grün nicht unbedingt ausgeschlossen. Er betonte, man sollte die Grünen normal behandeln.

Ja, wenn er sie normal behandeln will, dann dürfte er doch nicht in Richtung Koalition denken. Das normale Verhältnis in Rheinland- Pfalz war, daß die CDU als große Volkspartei aus eigener Kraft die Mehrheit geschafft hat. Ich halte die Grünen und die Union von den Grundsätzen her für völlig unvereinbar und derlei Überlegungen auch vom Effekt für schädlich, gerade jetzt, wo die SPD mit ihrer Bündnispolitik in Hessen auf den absteigenden Ast gekommen ist.

Wie wollen Sie denn in Zukunft die ganzen Mißverständisse, die bei ihren öffentlichen Auftritten entstehen, vermeiden?

Mißverständnisse lassen sich grundsätzlich nicht vermeiden. Ich pflege und liebe die freie Rede und will es auch weiterhin so halten. Interview: Bernd Siegler