Erdal Inönüs schwerer Gang nach Bonn

■ Ankaras Außenminister soll erklären, warum türkische Soldaten Kurden erschießen / PKK entführt zwei Journalisten / Kurdisches Dorf beklagt Übergriffe

Ankara/Bonn (AFP/AP/taz) – Der Mann gilt als außergewöhnlich langweilig und extrem loyal gegenüber den kemalistischen Prinzipien der Türkischen Republik. Heute darf Erdal Inönü, der türkische Außenminister, Bonner Politikern erklären, warum türkische Soldaten im Norden Iraks und im Osten Anatoliens auf Kurden schießen. – Wenn Klaus Kinkel hält, was er am Wochenende versprach, wird Inönü in dem Bundesaußenminister einen zumindest bei öffentlichen Auftritten frostigen Gesprächspartner finden. Gegenüber Bild am Sonntag kündigte Kinkel an, er werde Inönü sagen, daß die andauernde Militäroperation das Verhältnis der Türkei zu den Europäern und zur Nato belaste. „Unter Partnern muß man deutlich sagen: So nicht! Zieht euch aus dem Nordirak zurück! Haltet Menschenrechte, Proportionalität ein, schützt die Zivilbevölkerung!“ Zugleich machte Kinkel jedoch deutlich, daß die aufgelisteten Sünden für die Bundesregierung keinen Anlaß bilden, ihr Verhältnis zur Türkei grundlegend zu ändern: „Aber deshalb kündigen wir die Freundschaft nicht.“

Auf dem Berliner FDP-Landesparteitag dementierte Kinkel ferner, daß es eindeutige Beweise gebe für den Einsatz von Deutschland gelieferter Waffen im Nordirak. Die Zuschüsse für den Bau von zwei türkischen Fregatten blieben aber vorerst gesperrt. – Unterdessen wurden im kurdischen Teil der Türkei zwei Journalisten offenbar von PKKlern verschleppt. Der AFP-Korrespondent Kadir Gürsel und sein Kollege von der Agentur Reuter, Fatih Saribas, sollen bei einer Kontrolle der PKK auf der Straße zwischen Cizre und Nusaybin „mitgenommen“ worden sein, hieß es gestern von der PKK- nahen Nachrichtenagentur Kurd-A. Unter Berufung auf die Nationale Befreiungsarmee Kurdistans (ARGK), den bewaffneten PKK-Arm, berichtete Kurd-A, beide würden als „Gäste“ behandelt. Die beiden Reporter türkischer Nationalität seien von den PKK-Kämpfern mitgenommen worden, als es während ihrer Kontrolle zu einem türkischen Angriff gekommen sei. Dies sei geschehen, um „das Leben dieser Personen nicht zu gefährden“.

Die Bewohner eines kurdischen Dorfes im Nordirak klagten unterdessen über Übergriffe der türkischen Armee. Soldaten hätten das Dorf geplündert und Bewohner mißhandelt, hieß es in einem offenen Brief des Dorfes Lelkan. Die Bewohner forderten die europäischen Staaten und die USA auf, die türkische Militäraktion zu verurteilen. Sie beklagten, daß türkische Soldaten ihre Waffen, Nahrungsmittel und den Großteil ihrer Schafe gestohlen hätten. Auch Frauen seien mißhandelt worden.