Das große Warten im Automief

■ Unendliche Geschichte Neuenlander Straße: Politische Agonie erstickt AnwohnerInnen

Verkehrspolitik ist immer eine heikle Sache, doch wen auch immer man in Bremen auf das Thema Neuenlander Straße anspricht – bei PolitikerInnen, in den Behörden und vor allem bei den AnwohnerInnen, die seit Jahren im Mief von täglich 65.000 Autos und Lkws leben, liegen die Nerven blank. „Da ist soviel politisches Porzellan in Sachen Glaubwürdigkeit zerschlagen worden, ich bin da richtig verärgert“, resigniert Reinhard Barsuhn, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Eine Straße, die für die AnwohnerInnen unerträglich ist – ein geplanter achtspuriger Kreuzungsausbau, gegen den eine Anwohnerinitiative mit wöchentlichen Kreuzungsbesetzungen protestierte – eine Alternative, die von der zuständigen Behörde gar nicht erst geprüft wird – eine Autobahn, die wegen Millionenverpflichtungen gegenüber dem Bund bald gebaut werden muß – das sind die Bestandteile des Bremen-Schilda-Cocktails, der die Gemüter seit langer Zeit erhitzt.

Eben weil das Thema so heikel ist, hüllen sich die Parteien zur Wahl in Schweigen. Eine bessere Anbindung des Güterverkehrszentrums (GVZ) zur A 1 muß her, darüber sind sich alle einig. Doch die Varianten reichen vom 8-Spur-Plan bis zur besseren Anbindung des niedersächsischen Umlandes an den ÖPNV. Die AnwohnerInnen fühlen sich verschaukelt, „da schiebt jeder die Entscheidung auf jemand anderes“, so Hans-Dieter Kahrs von der „Anwohnerinitiative gegen den Kreuzungsausbau“.

Die Baubehörde bearbeitet zur Zeit das Planfeststellungsverfahren zum Kreuzungsausbau auf jeweils acht Spuren. Die Anwohnerinitiative hat gegen dieses Verfahren geklagt – ein von ihm beauftragter Gutachter bescheinigt die Unrechtmäßigkeit, da die gesamten Umweltauswirkungen nicht genügend und eine Alternativ-Trasse überhaupt nicht berücksichtigt wird. Antwort der Behörde: Wir ziehen das Verfahren durch, dann kann die Öffentlichkeit Einwände machen. Bei der Alternative handelt es sich um die sogenannte Kocks-Trasse: Eine Ausweich-Straße, die über das Gelände der ehemaligen Firma Kocks führen würde. Das Gelände hat der Bund Ende letzten Jahres gekauft, denn hier soll auch die neue Autobahn A 281 verlaufen, die die Kapazität der Neuenlander Straße aufnehmen wird. Sowohl die Anwohnerinitiative als auch zum Beispiel Reinhard Barsuhn favorisieren die Möglichkeit, dort erstmal eine Ausweichtrasse und später die Autobahn zu bauen – „das hat die Behörde total blockiert“, so Barsuhn, „obwohl das politisch durchsetzbar gewesen wäre.“

Und so schleppt sich der Prozeß immer weiter – und nicht nur Barsuhn ist der Meinung, daß weder der Kreuzungsausbau noch die Kocks-Trasse verwirklicht werden. Mittlerweile wird auch schon in potentiellen Umgehungsstraßen für die Bauzeit Verkehrsberuhigung geplant – in der Neuenlander Straße könnten dann gar keine mehrmonatigen Baustellen eingerichtet werden. Das bedeutet das große Warten auf die A 281 – mit deren Fertigstellung nicht vor dem Jahr 2005 gerechnet wird. Daß außer einer neuen computergesteuerten Ampelanlage, die an den Kreuzungen derzeit gebaut wird, nichts mehr passsieren wird, davon gehen mittlerweile viele aus – „das Schlimmste, was der Neuenlander Straße passieren kann“, so Barsuhn. skai