Unbequemer Palästinenser abgesetzt

■ Steckt Arafat hinter der Entlassung des Menschenrechtlers?

Tel Aviv (taz) – Der palästinensische Rechtsanwalt Radschii Sourani, Direktor des „Gaza-Zentrums für Rechte und Gesetz“, ist am Wochenende vom Aufsichtsrat fristlos entlassen worden. Gründe für seine Entlassung wurden dem 41jährigen nicht mitgeteilt. Gleichzeitig hat der Aufsichtsrat, der sich bisher nicht in die Tätigkeit des Zentrums eingemischt hatte, 16 Mitarbeiter Souranis mit sofortiger Wirkung für unbestimmte Zeit beurlaubt.

Souranis Institution leistete während der Intifada einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Einschränkung von Menschenrechtsverletzungen durch die israelischen Besatzer. Nachdem die Macht in den palästinensischen Autonomiegebieten an die „Nationale Palästinensische Autorität“ (PNA) unter Jassir Arafat übergegangen war, blieb Sourani seinen Überzeugungen treu. In den letzten Monaten protestierte er gegen die Bildung eines Sondergerichts für nationale Sicherheit und plante die Durchführung eines internationalen Seminars von Rechtsexperten in Gaza. Doch die palästinensischen Behörden setzten ihn davon in Kenntnis, daß er keine Genehmigung für die Abhaltung einer solchen Veranstaltung habe.

Sourani wandte sich wiederholt an das oberste Gericht in Gaza und verlangte die Freilassung des Scheichs Abdallah Schami. Der zur islamistischen Hamas-Bewegung gehörende Scheich ist seit Wochen inhaftiert, ein Gerichtsverfahren wurde jedoch nicht eingeleitet. Diese Vorgeschichte läßt vermuten, daß die palästinensischen Behörden Souranis Absetzung bewirkt haben.

Nach seiner Entlassung erklärte Sourani gestern: „Ich will meine Arbeit fortsetzen. Meine Mitarbeiter, die vom Aufsichtsrat beurlaubt wurden, stehen zu mir und wollen mit mir weitermachen. Wir betrachten unsere Arbeit als lebenswichtige Aufgabe.“ In der palästinensischen Presse erschien gestern ein Protestschreiben seiner Mitarbeiter gegen die Entlassung. Amos Wollin