Abschied von Haus Wittgenstein

■ Bündnisgrüner Auftakt zum Berlin-Umzug: Der Verkauf der Immobilie soll die neue Zentrale in Berlin finanzieren

Bonn (taz) – Die Parteispitze der Bündnisgrünen macht sich trotz vieler Widerstände nun doch auf den langen Weg nach Berlin. Zum 1. August räumt die Bundesgeschäftsstelle das Haus Wittgenstein in Bornheim bei Bonn und mietet sich im Bonner Regierungsviertel ein. Das eng mit der Geschichte der Grünen verbundene Haus Wittgenstein soll so schnell wie möglich verkauft werden.

Den Erlös aus dem Verkauf der ehemaligen Nervenklinik bei Bonn brauchen die Bündnisgrünen zur Finanzierung ihrer neuen Parteizentrale in Berlin. Die Bundesversammlung der Partei in Potsdam-Babelsberg hatte Ende vergangenen Jahres nach heftigen Auseinandersetzungen beschlossen, die Geschäftsstelle solle so schnell wie möglich nach Berlin umziehen und möglichst schon den Wahlkampf 1998 von der Spree aus organisieren.

„Schweren Herzens“, so Schatzmeister Henry Selzer, nehmen die Grünen nun Abschied von der Immobilie in Bornheim, die seit dem Kauf 1985 für viele innerparteiliche Auseinandersetzungen gesorgt hatte. Die rund 20 MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle werden bis zum Umzug nach Berlin in einem Bürobau in der Nähe der SPD-Parteizentrale im Bonner Regierungsviertel unterkommen.

Die gegenwärtig erfreulich enge Zusammenarbeit von Partei und Fraktion, die in der Geschichte der Grünen ohne Beispiel ist, spielt auch bei der Suche nach einer neuen Parteizentrale in Berlin eine Rolle. Das neue Parteihaus soll in der Nähe des Regierungszentrums in Berlin- Mitte möglichst „fußläufig zum Reichstag“ (Selzer) liegen. Kurze Wege sollen die Verzahnung der Arbeit erleichtern. Allerdings wollen die Grünen nicht in einem abends völlig unbelebten Büroviertel endgelagert werden. Sie wünschen sich deshalb „Quartiersanbindung“ am Rand der Bezirke Mitte oder Prenzlauer Berg. Die Vorgaben machen die Suche nicht leicht, doch Schatzmeister Selzer sieht sich nach vielen Besichtigungen und Gesprächen einer Lösung nahe.

Zur Finanzierung der Zentrale, die möglichst in einem Altbau untergebracht werden soll, wollen die Grünen einen Weg einschlagen, der in der Parteigeschichte einmalig sein dürfte: Die Haushaltsspezialisten brüten über einem Fondsmodell, über das Parteimitglieder und Parteigliederungen eigenes Kapital zum Kauf des neuen Hauses verleihen sollen, das verzinst wird. Mit einem Anlegermodell oder Investmentfonds soll die Differenz zwischen dem erhofften Verkaufserlös von 5,5 Millionen für Wittgenstein und dem wahrscheinlich mehr als doppelt so hohen Preis für das Berliner Objekt finanziert werden. Hans Monath