Eine Art Frühjahrsputz Von Klaudia Brunst

Mit dem Hausstaub ist es wie mit Verwandtenbesuch: er kommt immer ungelegen und man wird ihn praktisch nicht mehr los.

Ich bin ein friedfertiger Mensch, und so habe ich längst meinen Frieden mit den vielen Staubwölkchen gemacht, die offenbar beschlossen haben, den Winter bei uns zu verbringen. Aber meine Freundin pocht – ja gar nicht mal zu Unrecht – weiterhin auf ihr Hausrecht und also auf flöckchenfreie Wohnzimmerecken.

Besonders seit sie ihre Diplomarbeit über die „Doppelbelastung der berufstätigen Frau“ schreibt, haben es ihr die Schmutzecken verstärkt angetan. Denn anders als sonst ist sie jetzt auch zu solchen Tageszeiten zu Hause, in denen die Sonne unerbittlich meine hausfraulichen Versäumnisse zutage fördert. Meinen praktischen Vorschlag, dann doch einfach die Vorhänge zuzulassen, hat sie als „letztlich systemstabilisierend“ verworfen. Als ich daraufhin durchrechnete, ob wir uns eine Putzhilfe leisten könnten, wurde sie dann noch grundsätzlicher: „Du bist wie die Typen“, meinte sie verächtlich, „lieber Geld abdrücken als sich die Finger schmutzig machen“.

Das saß. Grummelnd zog ich mich in die Küche zurück und kramte mißmutig den Putzeimer hervor. Nach einer Stunde wurde mir klar, daß ich mir für diesen Tag nichts weiter vorzunehmen brauchte. Nach zwei Stunden begann ich, Spaß an der Sache zu kriegen, und gegen Mitternacht war ich schließlich regelrecht traurig, daß die Küche nun unwiederbringlich sauber war. Um meine Freundin endgültig zu beschämen, wienerte ich dann noch das Bad, versiegelte die Treppe mit „Glänzer“-Politur, und bearbeitet schließlich meine Fingerkuppen mit Akkopatz, bis sie besorgniserregend rot anliefen. „Nun zufrieden?“, meinte ich schnippisch und tauchte meine Finger demonstrativ in die Niveadose. „Nicht schlecht“, gab meine Gattin mäßig beeindruckt zurück und wischte mit ihrem Hemdsärmel einen Wassertropfen von der Nirostaspüle, „mal sehen, wie lange das anhält...“

„Wir können ja eine Wette abschließen“, schlug ich vor und bereute schon meine voreilige Stahlwolleaktion, „in den nächsten zwei Wochen übernehme ich Küche, Bad und Flur, und Du putzt Wohn- und Schlafzimmer. Wer am Ende die saubersten Zimmer hat, hat gewonnen“. Siegessicher schlug meine Freundin ein und machte sich sogleich an die Bearbeitung des Schlafzimmers. „Vergiß nicht, unter dem Bett zu wischen“, rief ich ihr nach und ging dann zu Drospa, um meinen Putzmittelbestand aufzufüllen.

Unser Zusammenleben veränderte sich nun zusehends: In der ersten Woche führte meine Freundin Hausschuhe zur Schonung der frisch shamponierten Teppiche ein, und ich befestigte einen Zettel am Handwaschbecken: „Nach jedem Zähneputzen Blendamed- Reste beseitigen“. Meine Freundin verordnete den Tieren nun Kieselerde gegen Haarausfall und ich meiner Freundin das Ausziehen der Straßenschuhe, damit der Flur nicht dreckig würde. In der zweiten Woche sahen wir uns eigentlich kaum noch, sondern schickten bestenfalls Verhaltensanweisungen per Briefbotschaft über die Demarkationslinien. Gestern schob mir meine Freundin dann eine finale Mitteilung zu: „Ich gebe auf!“, stand da, „vielleicht wäre eine Putzhilfe doch die beste Lösung“.