Neues Rekordtief des Dollar in Tokio

■ Devisenhändler halten Notenbank-Interventionen gegen Fall des Dollarkurses für sinnlos / Deutsche Wirtschaft ist zunehmend besorgt über die Stärke der deutschen Mark / Dollar bald bei 1,30 Mark?

Frankfurt/Tokio (taz/rtr) – Die Interventionen mehrerer Zentralbanken zugunsten der US-Währung zeigen nur höchst begrenzte Wirkung. An der Frankfurter Börse stieg der Dollar zwar gestern wieder auf 1,38 Mark (von 1,3722 Mark am Mittwoch). Aber zugleich erreichte er an der viel wichtigeren Börse von Tokio ein neues Rekordtief von 85,35 Yen. In Japan wurde der Dollar auch nur mit 1,3620 Mark gehandelt, fast zwei Pfennig weniger als in Frankfurt.

Die geschätzten vier bis fünf Milliarden Dollar, die vor allem die japanische Zentralbank, aber auch die US-amerikanische Fed und zum Teil die Bundesbank diese Woche für Stützungskäufe ausgaben, sind damit in den Sand gesetzt. „Die Marktteilnehmer sind zu dem Schluß gekommen, daß die Kooperation zwischen den größten Nationen nicht funktioniert“, sagte der Devisenchef der Industrial Bank of Japan. Und selbst wenn die Kurse durch Interventionen leicht anziehen, dürfte das nur kurzfristigen Erfolg haben, denn „jeder zusätzliche Pfennig am Dollarkurs wird doch von den Investoren dazu genutzt, Dollar abzugeben“, glaubt Kathrin Müller von der Bank of Tokyo. Sowohl technische als auch fundamentale Faktoren deuteten auf weitere Kursverluste hin, unkten gestern Frankfurter Devisenhändler. „Das Überangebot an Dollars läßt sich nicht wegdiskutieren“, sagte Albert Mailmann von der Westdeutschen Landesbank.

Verschärft wird die Greenback- Schwemme noch dadurch, daß asiatische Notenbanken offenbar ihre Dollarreserven in stabile Yen oder Mark umschichten. Angesichts der an den meisten Weltbörsen verbreiteten Erwartung eines Dollarkurses von nur mehr 1,30 Mark sei dies auch verständlich, meinte ein Händler. Im Vergleich zum Jahresbeginn hat der Dollar gegenüber Yen und Mark schon jetzt jeweils gut 15 Prozent seines Wertes verloren. Die realen Preise spiegelt dieser Wechselkurs nicht wieder; geht man von einer Kaufkraftparität aus, müßte der Dollar bei ungefähr 1,50 Mark liegen.

Woran liegt es dann aber, daß die Spekulanten hartnäckig darauf bestehen, den Kurs der US-Währung immer weiter zu drücken? Am Riesenloch im US-Haushalt, hat Finanzminister Theo Waigel am Mittwoch erklärt. Am US- Handelsbilanzdefizit, schreiben amerikanische Zeitungen. Weil sie Inflation, also Geldentwertung, in den USA fürchten, sagen Devisenhändler. In bundesrepublikanischen Wirtschaftskreisen machen sich zunehmend Sorgen breit über den Anstieg der Mark gegenüber fast allen Währungen außer dem Yen und Schweizer Franken. Bis Ende März hat die Mark der Bundesbank zufolge gegenüber den Währungen der achtzehn wichtigsten Industrieländer 5,3 Prozent an Wert zugelegt. Das heißt, daß deutsche Waren auf dem Weltmarkt entsprechend teurer wurden und daß zugleich billige Importe nach Deutschland kommen und den heimischen Produzenten zunehmende Konkurrenz machen. lieb