BremerInnen sind zu umweltfreundlich

■ Bisher keine Zusatzleerung der Mülltonnen nötig: BEB denkt über Gebührenerhöhungen nach

Damit haben die Bremer Entsorgungs Betriebe (BEB) in ihren kühnsten Träumen nicht gerechnet: Bremens BürgerInnen sortieren ihren Müll Fitzelchen für Fitzelchen. Verpackungen mit dem grünen Punkt kommen in den gelben Sack, Biomüll in die braune Biotonne, Restmüll in die codierte Tonne. Ökologisch betrachtet ein Wunder und eigentlich im Sinne der BEB. „Die Wertstoffsammlung dient in erster Linie ökologischen Zielen“, schrieb die BEB im Januar. Und darum müsse es einem zukunftsorientierten Unternehmen heutzutage gehen.

Doch die sortierfreudigen BremerInnen sind Gift für die Kasse der BEB. Seit drei Monaten gibt es das umstrittene Drei-Tonnen-System. „Bislang haben wir keine Zusatzleerungen gehabt“, sagte gestern Jochen Leinert, kaufmännischer Geschäftsführer der BEB. Doch die sind für die Haushaltsdeckung des stadteigenen Betriebes dringend nötig. Leinert hatte mit zehn Prozent zusätzlichen Leerungen gerechnet. Das hätte rund zehn Millionen Mark jährlich zur Deckung der Kosten gebracht. Die werden fehlen, wenn die Tonnen „nicht öfter rausmüssen“, wie ein BEB-Aufkleber wirbt.

Leinert hatte vor dem codierten Großangriff auf den Hausmüll auch nur mit rund 20 Prozent Haushalten gerechnet, die eine Biomülltonne anschaffen. Nach nur drei Monaten stehen die braunen Tonnen aber bereits vor 40 Prozent der Häuser, „Tendenz steigend“, wie der Geschäftsführer zugibt. Auch die gelben Säcke werden mehr benutzt und die grauen Restmülltonnen „vollgestopft“.

„Nach drei Monaten ist es schwierig, eine Prognose abzugeben“, meint Manfred Morgenstern, Staatsrat im Umweltressort, dem das BEB untersteht. Er setzt auf den Sommer. Wenn es warm sei und die Abfälle stinken, würden die Leute ihre Tonnen schon rausstellen. Aber was soll in den Restmülltonnen stinken? Haben die Haushalte bis dahin schon soviele Leerungen eingespart, daß sie im Sommer ihre Tonnen öfter raustellen können?

Fragen, die erst nach dem zweiten Quartal im Sommer beantwortet werden können. Bis dahin wird die Geschäftsführung der BEB auch in der Lage sein müssen, detaillierte Zahlen vorzulegen. Für die gestrige Pressekonferenz hatte sie zwar die „Bilanz eines Jahres“ angekündigt, Zahlen blieben die Vertreter jedoch schuldig. Im Spätsommer jedoch tagt der Betriebsausschuß der BEB und berät über den Haushalt des kommenden Jahres. Da der Betrieb kostendeckend arbeiten muß, könnten bei anhaltend vorbildlicher Mülltrennung am Ende Gebührenerhöhungen herrauskommen.

Im vergangenen Jahr hatten die Müllwächter mit rund 93,5 Millionen Mark zur Deckung der Gesamtgebühren gerechnet. Die Menge der Bioabfälle war mit fünf Prozent veranschlagt worden, die Kosten dafür waren in die allgemeine Tonnengebühr integriert. Die Rechnung dürfte bei 40 Prozent Haushalten mit der braunen Tonne überholt sein. Noch holen die Müllwagen den kompostierbaren Abfall kostenlos ab. Den daraus entstehenden Humus verkaufen die BEB als „Sackware“ an KleingärtnerInnen oder Gartenbaubetriebe, selbst bis nach Saudi Arabien. Geld bringt das allerdings nicht – „ein Zusatzgeschäft“, sagt Pressesprecher Vedder. ufo