"Gießkanne" paßt nicht -betr.: "Unter der Käseglocke der Künste", taz vom 31.3.1995

Betr.: „Unter der Käseglocke der Künste“, taz vom 31.3.

Wenn ein Kunstpublizist für Gastateliers und Stipendien wirbt, müssen Künstlerinnen und Künstler zustimmen. Am Ende des Textes wird dann aber klar, die „Bruthitze“ unter der „Käseglocke“ der Bremer Künstlerförderung ist ihm zu falschen Zahlen eingefallen. Der Autor Thomas Wolff hat nicht aufgepaßt. Nicht 120 Künstler pro Jahr erhielten die jeweils knappe soziale Künstlerförderung, sondern etwa dreißig, also eher 10 % der freien Künstlerexistenzen. Die „Gießkannenpolitik“ paßt in Wirklichkeit wohl nicht.

Zudem, „Kunst im öffentlichen Raum“ geht zu 2/3 an auswärtige Bildhauer und Maler. In der Städtischen Galerie mögen die Prozente etwas anders liegen, ein Inzucht-Institut ist sie nicht. Daß die Mittel des Sozialhaushalts nicht schwuppdiwupp zur Kultursenatorin umgewidmet werden können, haben inzwischen die heißesten Verfechter der Idee begriffen.

Und: Wenn fast 90 % nicht betroffen sind, dann steht doch wohl nicht die ganze Szene unter der Käseglocke. Die soziale Künstlerförderung ist heute so wichtig, wie am Anfang. Die Rahmenbedingungen hier sind jetzt schlechter als damals.

Stipendien in Moskau, Köln, Madrid und New York. Wer würde die nicht begrüßen? Nur Texte, bei denen die Recherche vorher ausgeklammert wurde, rücken die Gesamtsituation in ein schiefes Licht. Den Künstlerinnen und Künstlern bringen sie den Aufenthalt in den genannten Städten kein bißchen näher. Hans Wilhelm Sotrop, Bundesvorsitzender und Mitglied im Bremer Verband Bilden- der KünstlerInnen

Anm.d.Red.: Die Zahlen sind in der Tat falsch dargestellt. Die genannte Zahl von bis zu 120 KünstlerInnen bezieht sich auf die jährlichen Bewerbungen für die „Soziale Künstlerförderung“; die Zahl der tatsächlich Geförderten bewegt sich zwischen 30 und 33 in den Jahren 1990 bis 1992.