50 Jahre Käferbeschäftigung

■ betr.: „Ideal deutsch“, taz vom 29. 3. 95

Gott sei Dank, daß die Diskussion um Ernst Jünger durch das Interview Ihrer Zeitung mit Heinz Ludwig Arnold wieder auf die Füße gestellt wurde. Ansonsten posaunten fast alle Medien ein hohes Lied (von kleinen Mißtönen abgesehen) auf Ernst Jünger.

Natürlich sind 100 Jahre ein stattliches Lebensalter, und es verdient (unverdient) die Erwähnung. Aber darüber hinaus ist für mich nichts erkennbar, was diesen Rummel rechtfertigen könnte.

50 Jahre Käferbeschäftigung (nichtwissenschaftlich) sind doch wohl kein Grund für dieses „Medienbombardement“. Die „Marmorklippen“ bieten offensichtlich auch nur festverschlüsselt leise Zeichen des Widerstandes im Hitler-Reich, denn sonst wäre diese positive Nachricht Herrn Jünger wohl vollmundiger und nicht so zähflüssig von den Herren Hochhut, Glotz und Heiner Müller attestiert worden.

Was bleibt, ist ein junger Offizier, hoch zu Roß, der mit Siegermiene im Zweiten Weltkrieg in Paris einzieht. Und es bleibt ein Autor, der den Krieg, besonders im „Stahlgewitter“, verherrlicht.

Ist die „braune Kacke“ schon wieder so am Dampfen, daß die Medien (wie gesagt, es gibt Ausnahmen) sich trauen, uns einen solchen Mann als ehrenwert und damit vorbildlich zu präsentieren? Herr Kohl ja! Aber mußte Bundespräsident Herzog dorthin? Trotz der kritischen Worte, die er hat durchblicken lassen, nein!

Mir scheint, es ist eine konzertierte Aktion im Gange. Ziel: Ein Volk soll eingestimmt werden auf eine bevorstehende Siegesfeier; und statt vier Sieger stehen plötzlich fünf auf dem Treppchen. Gertrud Klischies, Bremen