■ Scheibengericht
: Siouxsie & The Banshees

„The Rapture“ (Polydor)

O Freunde, welche Töne! Hörte man je eine Tragödie so fröhlich vorgetragen wie in „Tearing Apart“ auf „The Rapture“? Siouxsies zwölfter Versuch wird auf der Percussion-Basis von einem gewissen Schwung getragen, vom Temperament her nicht unähnlich dem (bei wirklichen Opernsnobs verpönten) „Hmtata, hmtata, hmtata“ oder auch „1-2-Mord, 1-2-Mord“ Giuseppe Verdis.

Diese musikalische Freundlich- oder auch Hinterhältigkeit eröffnet Siouxsies neu-gotischen Reigen und hält drei ganze Stücke an. Todesfee Siouxsie singt wie eh und je übers formvollendete Dahinsiechen – da gibt's die „white arc“, den „white swan“ sowie „madness“ und „sickness inside“ für etliche noch einzurichtende Katakomben. Wenn die bleiche Mutter aber ihr „I think we all should die/ I think we're dead inside“ ins Publikum läppert, streben düstere Botschaft, Siouxsies merklich kraftlosere Kickser, ihre müd verschliffene Sprache und der geradezu unanständig sportliche Beat irgendwie auseinander.

Die Lyrics wollen der Musik einfach nicht folgen, ohne daß dies als Ironie identifizierbar wäre. Vom Spaßfaktor her nicht schlecht. Am lustigsten kommt es auf „Stargazer“: „Stargazing me/ in tranquillation“ schallt's zu hyperaktivem Sound. „I'll spread the fear“? Daß ich nicht lache!

Erst mit „Not Forgotten“ und „Sick Child“ wird der Gemeinde die vertrautere Siouxsie zurückgegeben, aber auch das nicht ohne Wermutstropfen. Gerade in „Sick Child“ nähert sich Siouxsie Sioux ebenso mißlungen wie unüberhörbar der vollkommen artifiziellen Schlichtheit von Brendan Perry und Lisa Gerrard (Dead Can Dance) an, vokal zwischen mittelmäßigem Mittelalter und zuviel Jugendstil angesiedelt.

„Melancholia in a silver swirl“ – Siouxsie, das ist doch nix für dich!

John Cale hat bei fünf Songs geholfen. Er kann doch nicht schuld sein? Siouxsie, we loved you! Triff dich doch mal mit Hazel! Oder verfasse den Soundtrack zu „Interview mit einem Bestattungsunternehmer“.