Bau auf, bau auf!

Ohne Philosophie kann auch ein Bausenator nicht regieren. Sein Amt, meinte Wolfgang Nagel (SPD) gestern, sei das leidenschaftlichste im Senat. Den Grund zur Freude hatte sich Nagel auf 20 Seiten Papier gleich selbst mitgebracht: die Neubaubilanz der zu Ende gehenden Legislaturperiode. Resümee des Bau(ern)philosphen: „Wir haben eine gute Ernte in die Scheune gefahren.“

Zunächst 80.000, später dann 72.400 geförderte Wohnungen „auf den Weg zu bringen“, hatte sich Nagel zu Anfang der Großen Koalition zum Ziel gesetzt. Und der Bausenator hat sein Ziel erreicht. 42.415 Wohnungen konnten von 1991 bis 1994 bezogen werden. Dazu kommen 30.000 Wohnungen, die genehmigt sind oder sich im Bau befinden. 11.000 davon, so Nagel, würden noch in diesem Jahr bezugsfertig. Ergänze man die Zahl der staatlich geförderten Wohnungen mit dem freifinanzierten Wohnungsbau, habe man sogar das im Zuge der Sparmaßnahmen nicht mehr verfolgte Ziel von 80.000 Wohnungen übertroffen.

Doch nicht alles ist auch Gold, was glänzt. Der klassische soziale Wohnungsbau, das räumte auch Senator Nagel ein, lag mit 4.500 bewilligten Wohnungen 1994 bereits weit hinter dem zweiten Förderweg (9.500 Wohnungen), bei dem Kaltmieten bis 18 Mark pro Quadratmeter verlangt werden können. Doch nicht nur das Zurückdrängen des sozialen Wohnungsbaus steht den Wohnungssuchenden bevor, sondern ein Abbau öffentlich geförderter Wohnungen überhaupt. Wurden im vergangenen Jahr noch 17.300 Wohnungen öffentlich bezuschußt, sollen es im kommenden Jahr nur noch 15.000 sein, Tendenz fallend. Der im Vergleich mit Westdeutschland hohe Anteil von 80 Prozent geförderter Wohnungen in Berlin, meinte Nagel, müsse zugunsten des freifinanzierten Neubaus heruntergefahren werden.Uwe Rada