Die Alten wollen es noch mal wissen

Der 71jährige Robert Dole, in parteiinternen Umfragen unangefochten vorn, erklärt seine Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner / Gegengewicht zur Rechten  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – 1976 trat ein geachteter US-amerikanischer Senator als Vizepräsidentschaftskandidat an der Seite von Gerald Ford vor die Wähler und verlor. 1980 und 1988 wollte er Präsident werden, schied aber schon in den Vorrunden gegen Ronald Reagan und George Bush aus. Danach erzählte er seinem Biographen: „Ich kandidiere nicht mehr“ und wurde Fraktionsführer im Senat. Heute ist er 71 Jahre alt – und gilt als möglicher Sieger der Präsidentschaftswahl von 1996.

Am Montag gab Robert Dole in Topeka, der Hauptstadt seines im Mittelwesten liegenden Heimatstaates Kansas, seine offizielle Bewerbung für die US-Präsidentschaftskandidatur bekannt. Umfragen zufolge liegt er mit mindestens 40 Prozent der Stimmen klar vor allen anderen erklärten und vermuteten republikanischen Kandidaten, von denen kaum einer über zehn Prozent kommt.

Eigentlich wollte Dole sich auf die Stufen des Kapitols von Topeka stellen, um seiner Verkündung die richtige feierliche Aura zu geben. Der Montag war nämlich zugleich der 50. Jahrestag seiner schweren Verwundung im Zweiten Weltkrieg, als er für die US- Army in Italien gegen die Deutschen kämpfte. Damals verlor er seine rechte Schulter; noch immer kann Dole seinen rechten Arm nur eingeschränkt bewegen. Aber die Kapitolzeremonie unter freiem Himmel fiel wegen Regen aus und wurde in eine Basketballhalle verlegt, wo es wie im ordinären Wahlkampf Luftballons regnete. Dennoch: Doles Kriegserfahrung ist im Wahlkampf gegen Jüngere eine seiner Stärken – vor allem gegen Clinton, der bekanntlich seine Wehrpflicht umging. Und es war, sagt er immer wieder, bei den Feiern zum 50. Jahrestag der alliierten Normandie-Invasion („D-Day“) im vergangenen Jahr, daß Dole den Entschluß zur erneuten Kandidatur faßte. Er habe „eine letzte Mission, Amerika zu dienen“.

Als Mitglied einer aussterbenden Generation vertritt er einen aussterbenden Konservatismus, gebaut nicht auf modischen Theorien, sondern auf Verläßlichkeit und Erfahrung. „Ich bin kein Intellektueller“, sagt er von sich selbst; als „Prärie-Pragmatiker“ bezeichnet ihn das Wall Street Journal. „Die Bundesregierung einzudämmen, um den Geist des amerikanischen Volkes freizusetzen; unsere Regierung in Washington wieder mit den vernünftigen Werten unserer Bürger zu verknüpfen; und amerikanische Interessen wieder zu vertreten, wo und wann auch immer sie in der Welt herausgefordert werden“, verkündete er am Montag als sein Präsidentschaftsprogramm. Das richtet sich ebenso gegen Clinton wie auch gegen die staatsfeindliche Rechte.

Dole hat in den vergangenen drei Monaten „konservativer Revolution“ im neuen republikanisch beherrschten Kongreß den von ihm geführten Senat als ruhiges Korrektiv zum wilden Repräsentantenhaus unter Newt Gingrich präsentiert, ohne jedoch offen gegen Gingrichs „Contract with America“ zu opponieren. Im Wahlkampf wird er aber vermutlich seine Überzeugungen stärker betonen als im Senat. Massive Steuerkürzungen und Rückzug aus den Wirren der Welt, wie sie Gingrich anpeilt, sind Doles eigentliche Sache nicht, vielmehr Haushaltsausgleich und eine starke Außenpolitik. „Die Menschen suchen keine Wunder“, argumentiert er.

So könnte der nächste US- Wahlkampf ein Kampf der Generationen werden. Darin allerdings liegt auch Doles größtes Handikap, denn Clinton gegen Dole wäre Clinton gegen Bush zum Verwechseln ähnlich. Als George Bush 1992 nach seiner Niederlage den Senatschef zum neuen Führer der Republikaner erklärte, lautete ein skeptischer Kommentar, Bush habe die Staffel an seine eigene Generation weitergereicht.