Sanssouci: Vorschlag
■ Es gibt mehr als Sonic Youth und Beck: Lo-Fi-Beat-Poet- Festival im Club Gérard Philipe
„Die Mehrheit will das nicht hören, Arne!“: Das ist der mutige Titel des inzwischen auch in Berlin zirkulierenden Tapes von Tocotronic-Schlagzeuger Arne Zank. Die Frage, ob es sich überhaupt noch lohnt, Musik gegen die Hörgewohnheiten einer vermuteten „Mehrheit“ zu machen, will das Hometaper's-Lo-Fi- Beat-Poet-Festival morgen und Samstag im Treptower Club Gérard Philipe beantworten. Auch nach dem kommerziellen Erfolg von „Alternative Rock“, der mit einem spürbaren Verlust an Originalität und Glaubwürdigkeit einherging, lohnt sich ein genauer Blick auf die Szene, die Homerecording und Vierspurtechnik seit Jahren als Preis ihrer Sperrigkeit akzeptiert.
So treffen dann die Urahnen des Garagensounds auf Newcomer und lassen damit Tocotronic aus Hamburg, die jüngst mit „Digital ist Besser“ ein vielversprechendes Debütalbum vorgelegt haben, endlich zum „Teil einer Jugendbewegung“ werden. Zusammen mit den Tape-Recordern Mountain Goats (USA), die schrammelige Lagerfeuermusik, Casio-Keyboard und skurrile Texte miteinander verbinden, und Mecca Normal, dem hartgesottenen Folkduo aus Vancouver, gehören sie zu den prominenteren Acts des Festivals, das an das „Fast Forward“-Festival in Nijmegen anschließen will und außer den zehn Bands und Solisten auch Fanzines, Mailorder et cetera präsentiert. Neben zwei Dritteln der ehemaligen Speed Niggs, die als Sharon Stoned weitermachen und doch ein wenig nach Dinosaur Jr. klingen, treten Joost Visser (ehemals De Artsen) aus den Niederlanden, Paul James Berry (früher Rose of Avalanche) aus England und Acoustic beziehungsweise Electric Henning aus der Lausitz auf.
Auch der harte Kern der hierzulande fast völlig unbekannten neuseeländischen Independent-Szene ist mit dabei: Bill Direen (The Builders), der nebenbei sein Geld als Dozent für neuseeländische Literatur verdient und gerade auf Peter Jeffries IMD-Label sein neues Album „Cut“ herausgebracht hat, Chris Knox (vorher Tall Dwarfs) und Cake Kitchen, die Band von Peter Jeffries Bruder Graham. Zwei spannende Abende für alle, die abwegige Sachen mögen und wissen wollen, was außer Sonic Youth' „Experimental Jet Set, Trash and no Star“ und Becks „One foot in the Grave“ in der letzten Zeit passiert ist. Gunnar Lützow
Morgen, 14. 4.: Mountain Goats, Chris Knox, Tocotronic, Joost Visser, Accoustic Henning.
Samstag, 15. 4.: Mecca Normal, Sharon Stoned, Cake Kitchen, Paul J. Berry, Electric Henning & Tom, Bill Direen.
Jeweils ab 19 Uhr, Club Gérard Philipe, Karl-Kunger-Straße 29, Treptow. Der Eintritt für ein Konzert kostet 25 Mark, für beide Konzerte 36 Mark.
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