Van Gogh & Co. im Angebot

■ Eine Verkaufsausstellung von 100 legal gefälschten Meisterwerken im Congress Centrum

Monet, Rembrandt, Cézanne und Renoir. Alles, was in der Kunst Rang und Namen hat, ist vertreten. Auch Vincent Van Goghs „Dr. Gachet“, das für 195 Millionen Mark als bislang teuerstes Gemälde der Welt an privat unter den Hammer ging. Jetzt ist es zusammen mit 100 weiteren Meisterwerken im Congress Centrum Bremen wieder zu sehen. Und stark im Preis gesunken: Nicht mal 7000 Mark kostet es, Rahmen inklusive. Bloß ein Stempel auf der Rückseite der Leinwand verrät, woran das liegt: „Falsch“.

Die gezeigten Bilder stammen aus den Beständen des Züricher „International Imagery Museum“, das mit - ganz legalen - Fälschungen berühmter Bilder zunehmend im weltweiten Kunst- und Museumsbetrieb mitmischt und so manchem Zürcher Galeristen, vorsichtig ausgedrückt, ein Dorn im Auge ist. Bruno Schmed, 53, ehemals Swiss Air-Pilot und Flugzeughändler, reitet seit 1987 sein neues Steckenpferd. Schmed steht in ständigem Kontakt mit einer größeren Gruppe von Kunstfälschern, die auf dem ganzen Globus verstreut sind und denen er ihre Arbeiten abkauft: qualitativ hochwertige, originalgetreue Kopien alter und jüngerer Maler mit hohem Marktwert. Mit 20 Prozent Gewinn gibt sich Schmed zufrieden, bei Verkaufspreisen von 3500 bis 7500 Mark. Leben muß er davon nicht. Vielmehr trieben ihn idealistische Impulse: „Ich will dazu beitragen, den kriminellen Fälschermarkt zu unterwandern.“

Tatsächlich will es Schmed gelungen sein, einige illegale Fälscher auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Und sie dazu zu bewegen, nach schweißtreibender Kopistenarbeit dem Werk den Stempel aufzudrücken, der es legalisiert: „Der „Falsch“-Stempel ist mit Spezialfarbe hergestellt, die bei Entfernen eine chemische Reaktion hervorruft“, versichert der eloquente Schweizer. Mit dem fälschungssicheren Rückenetikett und leicht geändertem Format schickt Schmed seine Ausstellung - für Bildernachschub und Käufer ist gesorgt - weltweit auf die Reise.

Aber wer guckt einem Bild schon auf den Rücken? Der Pariser Louvre jedenfalls profitiert davon, daß Leonardos „Mona Lisa“ - hinter dickem Panzerglas - nur von vorn zu sehen ist. Die endlosen Besucherströme Kunstsinniger, die Tag für Tag an dem Werk vorbeipilgern, erweisen ihre Reverenz nämlich - einer Fälschung. „Das Original wird einmal im Jahr für ein paar Stunden einer Handvoll von Auserwählten gezeigt“, weiß Gregor Pfeil vom Imaginary Museum, der selbst Kunsthändler ist und Bruno Schmed beim Einkauf berät. Die Bestrebungen, das künstlerische Menschheitserbe vor Licht, Attentaten und aggressiven Ausdünstungen interessierter Besucher zu schützen, machen die Aktivitäten Schmeds salonfähig: „Auch bei Leihgaben und Restaurierungen stellen bekannte Museen gelegentlich Duplikate aus.“ 25 Prozent der aller gezeigten Bilder sind es bereits. Und auch mit immer aufwendigeren Tests läßt sich die Autoren schaft eines Bildes nicht eindeutig nachweisen.

Ganz besonders geärgert hat den Kunstfreund Schmed „das Versiegen der Ressource Original“. Zum Versiegen der Turners, Gauguins und Klimts beigetragen haben vor allem die Besitzer von Tresoren und gut gesicherten Privaträumen, die sich das Alleinrecht aufs Betrachten millionenschwer erkauft haben. Um seine demokratische, gar aufklärerische Ader unter Beweis zu stellen, investiert Schmed schon mal 100000 Mark an Ausstellungskosten und bietet dem „kleinen Mann“ große Kunst in Form von originalen Fälschungen. Denn wie im Versandhaus geht es bei ihm nicht zu: Von jeder Vorlage gibt es nur eine Kopie (“Die Künstler sind sehr empfindlich!“), und so tendiert die gute Fälschung ironischerweise selbst wieder dazu, ein Original zu sein. Ganz in Schmeds Sinne, dem daran gelegen ist, „das Bedürfnis nach dem Original“ zu stillen.

Was ja eigentlich auch das ehrwürdige Auktionshaus „Christie's“ will. Letztes Jahr ging dort ein Werk aus dem Hause Schmed unter den Hammer, mit Zertifikat „falsch“, wie es sich gehört. Ein anderes Mal ging ein Egon Schiele - mit Zertifikat „echt“ - für eine sechsstellige Summe weg. Später stellte sich leider heraus, daß nur sechs Prozent des Bildes von Schiele gemalt waren, der „Rest“ war nicht identifizierbar. Gottlob hatte die Käuferin den Kassenzettel noch. „Christie's“ zahlte das Geld zurück.

Alexander Musik

Congress Centrum Bremen, bis zum 23. April