Elvis auf Schokolade

■ Die "Chocolate Disc" des Erfinders Peter Lardong soll bald im großen Stil verkauft werden / Wenig Erfinderglück mit Katzenfutterautomaten und singendem Zahnbecher

Sie sieht aus wie eine Schallplatte, ist kakaobraun, hat Rillen und ist aus Schokolade. Bei kühler Lagerung ist sie ein gutes halbes Jahr haltbar und auf jedem gängigen Schallplattenspieler abspielbar. Zu hören sind Songs von Elvis, den Beatles oder nette Lieder von Drafi Deutscher, je nach Wunsch und Laune. Die „Chocolate Disc“ ist die größte Erfindung von Peter Lardong, einem fünfzigjährigen Wiesbadener, der seit 1964 in Berlin lebt. Jetzt soll die Schokoladen-Schallplatte im großen Stil verkauft werden.

Von den gewünschten Schallplatten macht Peter Lardong in der Beschäftigungsgesellschaft „Multiwerk“ in Kreuzberg einen Abguß aus Silikon und nimmt den Abdruck als Gußform für die Schoko- Schallplatte. „Multiwerk“ wurde gegründet, nachdem die Schultheiss-Brauerei im letzten Jahr dort ihren Produktionsstandort schloß. Damit die Arbeiter, die 45 Jahre und älter waren, nicht in die Arbeitslosigkeit fielen, fing sie die Beschäftigungs-GmbH auf.

17 ehemalige Brauer arbeiten bei „Multiwerk“ als Maler und Gips-Verleger. Peter Lardong kann sich mit einem Helfer von morgens 6 bis 14 Uhr um die Produktion der „Chocolate Disc“ kümmern. Und als Arbeit empfindet er das nicht: Aus seinem Hobby, dem Erfinden, machte er einen Beruf.

Ein Abguß der Schoko-Schallplatte befindet sich zur Zeit in New York. Sie ist im „Swiss Institute“ am Broadway neben Werken von Beuys und Duchamps ausgestellt. Seit Jahren tüftelt Peter Lardong an allen möglichen und unmöglichen Dingen herum. Wenn ihm nachts vor dem Einschlafen Ideen kommen, setzt er sich sofort an die Drehbank im Bad. Um für alle Fälle gewappnet zu sein, trägt er ständig eine Blechdose mit sich herum. Darin bewahrt er „Operationsgeräte“ auf, die er auf dem Trödelmarkt gekauft hat. Wenn es ihn „überkommt“, wie er sagt, muß er sofort ran.

Wer bislang die Schoko-Schallplatte kaufen wollte, mußte zum „Multiwerk“ gehen. Dort, im zweiten Hof an der Schlesischen Straße 29-30, Aufgang M, dritter Stock, bekam der Käufer die Platte für 17,50 Mark. Doch nun soll die Produktion angeheizt werden. Demnächst stehen noch zwei Arbeiter Peter Lardong helfend zur Seite. Das Werbekonzept ist gemacht. Nun kommt es darauf an, daß die Süßwaren-Händler das Produkt in ihr Sortiment aufnehmen. „Wenn es klappt, wäre das schön“, sagt der Erfinder. „Und wenn es nicht geht, muß ich halt weitersehen.“

Manche Erfindung meldet Peter Lardong beim Berliner Patentamt an. Da er die Anmeldung von einem sogenannten Patentanwalt erledigen ließ, kostete ihn das pro Patent rund 3.000 Mark – viel Geld für den Arbeiter. Bisher hat es ihm nie etwas eingebracht. Die Industrie kauft zwar manche Patente, doch geschieht das eher selten. Meistens würden die Manager die Ideen sogar „klauen“ und in leicht abgewandelter Form als eigenes Produkt verkaufen. Erfindungen ernähren den Erfinder mehr schlecht als recht.

Was hat er nicht schon alles erfunden: Darunter ist ein Katzenfutter-Automat, der die Katzen vier Tage lang autonom versorgen kann. Der Automat bildet einen Kasten mit vier Löchern, die sich mittels einer Schaltuhr zu bestimmten Zeiten öffnen. In den Löchern findet die Katze dann das Futter. Nun ist ein ähnlicher Automat in England auf dem Markt. Peter Lardong hatte die Idee früher, doch konnte er sie nicht auf den Markt werfen, da er für sie keinen Auftraggeber fand.

Ähnlich ist es mit dem „singenden Zahnbecher“. Wenn der Zahnbecher schräg gehalten wird, setzt ein Mechanismus ein, und ein Lied ertönt. Jetzt werden klingende Tassen produziert, und Peter Lardong hat wieder das Nachsehen. Die Geldschein-Prüflampe für Kassierer erfand der Berliner im Taschenformat – nun wird sie ein Format größer verkauft.

Das Patent von der Schoko- Schallplatte hat er noch in seinem Besitz. Und, wer weiß, vielleicht wird sie der Sommerrenner 1995. Rafael Pilsczek