Bänke extra breit für Penner

■ Weg von der Einheitsbank. Bremerhavens Gartenbauamtsleiter plant Wettbewerb

Während der Bremer Sparkassen-Vorstand Friedrich Rebers laut über die Vertreibung von Obdachlosen aus der Innenstadt nachdenkt, pflegt man in Bremerhaven ganz andere, nämlich demokratische Ideen. Jürgen Milchert, Leiter des Gartenbauamtes Bremerhaven, ist Herr über 2.500 Bänke, alles Einheits-Bänke. Dabei haben die Leute ganz verschiedene Sitzbedürfnisse, sagt er. Deswegen plant der Gartenbaudirektor einen Wettbewerb mehrerer Design-Ausbildungsstätten: Die sollen Parkbänke für die verschiedenen Bedürfnislagen entwickeln, auch zum Beispiel von Obdachlosen.

Überall werden Bänke abgeschraubt, damit sich bloß keine Obdachlosen darauf breitmachen, und Sie wollen Bänke speziell für Obdachlose entwickeln. Wieso das denn?

Jürgen Milchert: Es ist die falsche Strategie, die Bänke abzuschrauben. Denn diese Leute gehören nun mal zur Stadt dazu, und wenn man sie verdrängt, dann gehen sie woandershin, wo man sie vielleicht erst recht nicht haben will. Deswegen ist es meiner Meinung nach die bessere Strategie, diesem Klientel der Obdachlosen beziehungsweise der dem Alkohol nicht ganz abgeneigten Mitbürger bestimmte Räume zu bieten, zum Beispiel Fluchtecken: Da hat man nach hinten Rückendeckung und kann nach vornehin was kucken. Ecken allerdings, die relativ weit entfernt sind von möglichen Konflikten mit anderen Bevölkerungsgruppen, die aber gleichzeitig diesem Klientel bestimmte Qualitäten bieten wie zum Beispiel Windgeschütztheit.

Aber die Penner wollen doch mittenmang sein, da, wo's was zu kucken gibt.

Kucken ja, aber Konflikte mit anderen Parknutzern wollen die eigentlich auch nicht. Wir haben hier zum Beispiel eine Ecke im Stadtpark Lehe, da sitzen die mitten im Park an einer Wegkreuzung, da gibt's natürlich immer Konflikte – die haben ihre Hunde, das sieht auch nicht ganz ordentlich aus... Wir überlegen nun, wo können wir denen einen Ort bieten, der weiter entfernt ist auch vom Kinderspielbereich, wo sie zwar kucken können, aber aus einer bestimmten Distance heraus.

Und da wollen Sie dann auch richtige Schlafbänke hinstellen, also extra breite?

Wir haben jetzt ja eine genormte Einheits-Bank. Aber vielleicht wollen Obdachlose, Jugendliche, Liebespaar, ältere Menschen oder meinetwegen Hundebesitzer ganz unterschiedliche Bänke haben.

Was brauchen denn Liebespaare für eine Bank?

Die brauchen vor allem eine kurze Bank, damit sich niemand dazu setzt. Die Kinder bräuchten niedrigere Bänke. Und die Jugendlichen brauchen eigentlich fast überhaupt keine Sitzfläche, weil die sowieso oben auf der Lehne sitzen.

Die bräuchten nur eine Hühnerstange.

Nur die Lehne, aber die relativ komfortabel, also ein bißchen breiter, damit man sich nicht solche Rillen holt.

Und dann stehen in der einen Ecke die Pennerbänke, in der anderen die kurzen Liebesbänke, und ich muß ewig laufen, bis ich eine Bank zum Lesen finde?

Nein, achtzig Prozent der Bänke sollen ja Einheitsbänke bleiben. Diese speziellen Bänke an ganz bestimmten Stellen sollen doch nur dazu dienen, mögliche Konflikte zwischen Nutzergruppen zu verhindern. Denn ein Park ist ein Ort, wo die Konflikte, die anderswo im Stadtgebiet auftreten, sich besonders stark ausleben – weil der öffentliche Bereich in der Stadt sehr stark sozial kontrolliert wird und weil durch die Strategie der Verdrängung die Parks zu einer Art Reservat geworden sind, zum Beispiel auch für Fixer.

Also Multikulti-Ort Park, aber verschiedene Bänke für die einzelnen Gruppen, damit es keine Konflikte gibt?

Ja, denn eigentlich ist die Parkbank ja fast so was wie der letzte demokratische Ort, den wir haben.

Weil sich da jeder hinhocken kann.

Weil sich jeder hinhocken kann, und weil sich auch jeder hinhockt. Morgens räumen die Penner die Bank, dann kommen Schulkinder, die eine Stunde schwänzen, dann kommen Mütter, ältere Leute, dann kommt derjenige, der da seine Arbeitspause verbringt usw. Das ist ganz phantastisch, daß man einen Ort hat, wo der Penner und der Bankier sich beide aufhalten, wenn auch nicht zusammen – leider.

Fragen: Christine Holch