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: Schmierschmutz

Das Gemüse auf dem Porzellanteller wird mit der Pinzette in die fotogenste Pose gerückt. Salatblätter trimmt man in minutiöser Kleinstarbeit mit der Silhouettenschere auf Idealform. Und bei den guten Kartoffeln aus deutschen Landen wird mit dem Make-up-Pinsel nachgeholfen. Wer das weiß, will's nicht mehr essen. Doch Malte Buss' „Manipulation mit Millionen“ ist ja auch kein Kochbuch.

Buss, selbst seit 15 Jahren Werbefilmer, beschreibt gewissenhaft, was für ein Aufwand in den Filmstudios betrieben wird, um den oft surreal anmutenden Unfug der TV-Werbung so realistisch wie möglich wirken zu lassen. Leider nervt das Buch manchmal durch die pedantische Genauigkeit, mit der etwa die Rezeptur des berühmt-berüchtigten „Schmierschmutzes“ referiert wird. Von einem Werber hätte man eine etwas flottere Schreibe erwartet.

Trotzdem: Hier redet jemand darüber Tacheles, wer im deutschen Privatfernsehen den Ton angibt: nämlich Lebensmittel- und Waschmittelkonzerne wie Unilever, Philip Morris, Henkel und Procter & Gamble. Ohne falsche Hemmung beschreibt er auch, wie Zielgruppen-Programme für die Unternehmen maßgeschneidert werden, die dann in Serien und Shows ihre Spots schalten.

Auch über Irrungen und Wirrungen des deutschen Werberechts erfährt man einiges aus diesem Buch. Überraschend ist eigentlich nur, daß man all dies in einem Buch von Ullstein liest, einer Tochter des im deutschen Privatfernsehen heftigst engagierten Springer-Konzerns. Haben wir das etwa einem Mißgeschick des Verlages zu verdanken? Tilman Baumgärtel

Malte Buss: „Manipulation mit Millionen. TV-Werbung intern – Ein Profi packt aus“. Ullstein Sachbuch, 16,90 DM