Wenn Cowpunks den Blues haben...

■ Heute im Lagerhaus : Die US-Multi-Traditionspfleger „Blood on the Saddle“

Wenn Musikkritiker sich langweilen, erfinden sie Wörter wie „Cowpunk“.

In den 8Oern hielt man diesen Begriff zudem für notwendig, weil man nicht „Country“ sagen mochte, wenn man von einer guten Band sprach. Country war ein Schimpfwort. Inzwischen weiß jedes Kind, daß Country eine feine Sache ist und Garth Brooks ungefähr soviel mit echtem Country zu tun hat wie „Truck Stop“.

„Blood on the Saddle“ aus Kalifornien, die angeblich ersten Cowpunks, leugnen ihre Liebe zur US-amerikanischen Volksmusik jedenfalls nicht. Als echte Cowboys kennen sie selbstverständlich kein zu Hause und sind ständig auf Achse. So kommt es, daß sie schon die ganze Welt gesehen, aber in ihrer zwölfjährigen Band-Geschichte erst vier Platten veröffentlicht haben. Echte Cowboys sehen selten ein Studio von innen, echte Cowboys stehen lieber breitbeinig auf der Bühne.

Eigentlich kann man bei „Blood on the Saddle“ erst seit 1993 wieder von einer richtigen Band sprechen. Zuvor war es jahrelang ein Ein-Mann-Projekt von Sänger und Gitarrist Greg Davis. Die restliche Besetzung wechselte so schnell und wirr, daß einem ganz schwindelig werden konnte.

Davis allerdings blieb eisern und drückte jeder Formation seinen unverwechselbaren, hart erarbeiteten Stempel auf. Vor „Blood on the Saddle“ spielte er sowohl in einer Punkband namens „Dead Hippie“ als auch in einem traditionellen Bluegrass-Duo. Wie jeder L.A.-Musiker, der schonmal betrunken Gitarre gespielt hat, ist er schwer vom „Gun Club“ beeindruckt und zählt Hardcore-Vorreiter wie „Black Flag“ ebenso zu seinen Einflüssen wie den Bluesman Robert Johnson. Insgesamt ergibt das eine Country-Spielart, deren Geschwindigkeit den Erwartungen oft davonprescht, aber musikalisch stets kompetent bleibt und den altbewehrten Strukturen Respekt zollt.

Blood on the Saddle spielt h eute um 21 Uhr im Lagerhaus.

Andreas Neuenkirchen