„Erfolg auch unter fünf Prozent“

■ Interview mit dem Landesvorsitzenden und Abgeordneten der PDS aus Sachsen-Anhalt, Roland Claus, zur Zeit als Wahlhelfer für Bremen unterwegs

Roland Claus ist Landesvorsitzender und Landtagsabgeordneter der PDS in Sachsen-Anhalt und hat gestern auf einer Bremer Wahlkampf-Veranstaltung seiner Partei über die Erfahrungen mit der Duldung einer rot-grünen Minderheitsregierung auf Landesebene berichtet.

taz: Welchen Grund gibt es aus Magdeburger Sicht, in Bremen PDS zu wählen?

Roland Claus: Wir glauben, daß es hier vor allem wichtig ist, die doch in Bewegung gekommene politische Landschaft mit einer linken Alternative zu bereichern, weil sowohl die SPD als auch Bündnis90/Grüne durchs Regieren und ausschließlichen Druck von Rechts deutlich zu erkennen geben, daß ihnen dieser linke Druck fehlt.

Von unten kommt dieses Bedürfnis offenbar nicht, wenn man sich die Mitgliederzahl der Bremer PDS ansieht...

Die PDS ist eine Partei, die ausdrücklich von sich sagt, daß ihre Wurzeln im Osten liegen. Ich finde es überhaupt nicht verwunderlich, daß es hier in den westlichen Bundesländern schwierig ist, Landesverbände aufzubauen. Ich finde aber doch, daß mit einem Landesverband von 60 Mitgliedern schon ein ganz guter Anfang gemacht ist.

Was könnte man in Bremen vom Ost-Erbe der PDS haben?

Das Ost-Erbe ist für die PDS zunächst sicher eine Last. Wir können uns ja nicht verstellen. Aber wir bieten doch inzwischen Themen und Vorschläge an, die nicht im Osten halt machen.

Was passiert, wenn die PDS in Bremen wieder wie bei der Bundestagswahl bei zwei bis drei Prozent landet? Ist dann der nächste Versuch Ihrer Partei, eine West-Strategie zu entwickeln, gescheitert?

Wenn die PDS unter dem Bundestagsergebnis ankäme, wäre in der Tat ein neuer Ansatz vonnöten.

Sonst nicht?

Aber es wäre schon ein beachtlicher Erfolg, wenn wir über den bisherigen Ansatz hinauskommen und es doch unter fünf Prozent bleibt.

Das Problem der PDS in Bremen ist doch zur Zeit vor allem, daß sie gar nicht wahrgenommen wird. Gibt es dagegen ein Hilfsmittel?

Wenn man nicht wahrgenommen wird, kann man immer erstmal auf die anderen schimpfen und sagen: Die Bösen spielen nicht mit uns...

...oder prügeln nicht auf uns...

Da muß man sich überlegen, mit welchen politischen Angeboten und mit welcher Art der Präsentation man Aufmerksamkeit erregen kann. Da gibt es noch einiges zu erwarten.

Ein Beispiel?

Das würde ich gerne den Bremern überlassen. Aber da kommt noch etwas.

Auch mit Unterstützung aus Sachsen-Anhalt?

Ja und auch mit Unterstützung der Bundestags-Gruppe, die mehrere Tage hier sein wird. Wir würden auch gerne mit Vertretern der anderen in der Bürgerschaft vertretenen Parteien ins Gespräch kommen – das ist ein bißchen schade, daß das hier nicht stattfindet. Aber ich verstehe natürlich, daß die anderen Parteien nicht den Grundfehler des Bundestagswahlkampfes wiederholen wollen, die PDS als Wahlkampfthema Nummer eins hochzustilisieren.

In die Rolle des Züngleins an der Waage wird die PDS in Bremen kaum kommen.

Das sieht nicht so aus. Hier geht es mehr um ein klares Oppositionsprofil.

Hätten sich die Bremer dann nicht lieber Rat aus Sachsen oder Thüringen holen sollen? Die PDS hat doch gerade mit ihrer halben Zustimmung zum Erhalt des Verfassungsschutzes im Magdeburger Landtag kein besonders radikaldemokratisches Zeugnis abgelegt...

Es war schon radikaldemokratisch, zunächst die Abwicklung des Verfassungsschutzes zu fordern. Nur dadurch ist es überhaupt möglich geworden, zu einem Einschnitt beim Verfassungsschutz zu kommen.

Aber Fundamentalopposition wäre doch etwas anderes.

Wir sind von unserer Forderung doch nicht abgegangen. Und wenn man jetzt den Chef des Verfassungsschutzes hört, der sagt: Wir sind nicht mehr funktionsfähig...

Das glauben Sie?

Das glaube ich natürlich nicht. Aber ich muß erstmal wahrnehmen, daß er einen Grund sieht, das öffentlich bekanntzugeben. Insofern haben wir durch unsere besondere Rolle in Sachsen-Anhalt nicht an Oppositionskraft verloren.

Dadurch, daß die eine Hälfte der PDS einem Kompromiß zustimmt und die andere Hälfte Fundamentalopposition bezieht?

Wir haben in allen Abstimmungen keinen Fraktionszwang, und da ist es natürlich möglich, sich in einer Sachfrage so oder so zu entscheiden.

Sie werfen den Grünen gerne vor, daß sie in der Regierungsbeteiligung die großen Forderungen zurückstellen. Geht es der PDS bei der Duldung von Rot-Grün in Magdeburg nicht genauso?

Ohne Kompromisse wird auch unsere Politik nie auskommen können. Fragen: Dirk Asendorpf