Zorn über Tod Flor Contemplacions bleibt

■ Philippinen: Für Regierung heikles Thema Arbeitskräfte-Export

Berlin (taz) – Schließlich opferte der philippinische Präsident Fidel Ramos einen Sündenbock, um den Zorn der öffentlichkeit zu besänftigen: Am Montag entließ er seinen Außenminister Roberto R. Romulo. Mit diesem Schritt hofft der philippinische Staatschef – die Wahlen im Mai fest im Blick –, der Kritik zu begegnen, seine Regierung habe nicht genug für die Mitte März in Singapur gehenkte philippinische Gastarbeiterin Flor Contemplacion getan.

Die Hinrichtung der 42jährigen, die wegen Mordes an einer anderen philippinischen Hausangestellten und eines vierjährigen singapurianischen Kindes verurteilt worden war, hat zu diplomatischer Eiszeit zwischen den beiden südostasiatischen Staaten geführt. Deren Verhältnis ist in den letzten Jahren oft belastet gewesen: die ökonomisch erfolgreichen und politisch autoritären Politiker Singapurs machten sich ein Vergnügen daraus, die philippinischen Kollegen zu kritisieren. Wenn sie nicht so viele demokratische Flausen im Kopf hätten, ginge es der Wirtschaft der Philippinen besser, so der Tenor. Die ruppige Art, mit der die Vertreter Singapurs zunächst auf jede Kritik am Prozeß und an der Verurteilung Flor Contemplacions reagiert hatten, fachte die öffentliche Erregung in den Philippinen nur an. Obwohl die Frau beide Morde gestanden hatte, wuchsen in ihrer Heimat die Zweifel an ihrer Schuld. Ihr Geständnis sei unter Druck zustande gekommen, hieß es bald.

Daß der Fall von Flor Contemplacion nicht schnell in Vergessenheit geriet – wie die vielen Nachrichten von Mißhandlungen, Morden oder auch Hinrichtungen philippinischer Arbeitskräfte im Ausland –, hat die Regierung zunächst überrascht. Es zeigt jedoch, daß sich die Bevölkerung nicht einfach daran gewöhnt hat, daß ihre Regierungen seit dem Diktator Ferdinand Marcos die marode Wirtschaft des Landes durch den Export von Arbeitskräften am Laufen halten. Von 70 Millionen PhilippinerInnen arbeiten nach offiziellen Angaben 3,5 Millionen im Ausland, möglicherweise sind es über vier Millionen. Die ArbeitsmigrantInnen haben 1994 mindestens drei Milliarden US-Dollar nach Hause überwiesen.

55 Prozent sind Frauen, die zumeist als Hausangestellte oder in anderen Dienstleistungsbereichen arbeiten – nicht selten weit unter ihrer Qualifikation. Viele haben eine gute Ausbildung oder sogar einen Hochschulabschluß. Gesetze in den „Gastländern“ wie Hongkong, Singapur, Saudi-Arabien und anderen „Gastländern“ sind oft vor allem darauf angelegt, die Rechte der Arbeitsimmigrantinnen zu beschneiden. Jutta Lietsch