: Dollar weckt die Diplomaten
■ Politiker rufen weltweit zum gemeinsamen Handeln auf, Präsident Bill Clinton stimmt zu, tut aber nichts / US-Autohersteller drohen mit Sanktionen gegen Japan
Frankfurt/Main (dpa/rtr) – Der Dollar ist gestern in Asien auf den Wert von 1,353 Deutsche Mark abgestürzt, erholte sich dann aber an der Frankfurter Börse minimal auf 1,356 Mark. In ihrem Stellungskrieg-Denken sprachen die Börsianer vom „Unterschreiten der wichtigen Auffanglinie bei 1,36 Mark“. Sollte die Front bei 1,345 nicht halten, sei ein weiterer Kursverfall programmiert. In den Sog des Dollar geriet das englische Pfund, das nun schon unter 2,19 D-Mark herumkrebst.
Nachdem die Währungshüter außer vielen warmen Worten nicht viel zustande gebracht haben, treten nun international die politischen Schwergewichte auf die Bühne. „Wenn die Wechselkursbewegungen den internationalen Handel durcheinanderbringen, dann stellt sich die Frage, ob das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (Gatt) nicht neu diskutiert werden muß“, sagte der französische Premier Edouard Balladur gestern in Le Monde. In Paris wird unterderhand die US-Regierung kritisiert. Sie lasse den Dollar vorsätzlich abrutschen, um ihre eigene Exportwirtschaft zu stärken.
Der deutsche Außenminister Klaus Kinkel (FDP) gab sich eher versöhnlich. „Auf beiden Seiten des Atlantiks müssen die Hausaufgaben gemacht werden“, sagte Kinkel in Chicago. Die Staatshaushalte müßten in Ordnung gebracht werden. „Dabei muß die Weltmacht USA ihre Führungsrolle behalten“, meint Kinkel.
Die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier sagte im Rundfunk, „die Regierungen und Notenbanken dürfen sich nicht mit Halbherzigkeiten begnügen, wie man sie jetzt in Japan sieht.“ Vielmehr müßten alle Staaten ihre Fehler in der Wirtschafts- und Währungspolitik korrigieren. „Die Japaner müssen endlich ihre Märkte öffnen, und die Amerikaner müssen endlich sparen.“ Deutschland müsse für eine stärkere Binnenkaufkraft sorgen. Matthäus-Maier hält ein Gesetz gegen die Währungsspekulation für sinnlos, weil „das national nicht funktionieren“ könne.
Die Amerikaner lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Präsident Clinton versicherte zwar auf einer Pressekonferenz in Washington, daß seine Regierung einen starken Dollar wolle. Kurzfristige Maßnahmen zur Kursstützung schloß er jedoch aus. US-Unternehmen kommen billige Exporte durch den schwachen Dollar gut zupaß. So bestätigten die großen Pharmahersteller in ihren neuesten Vierteljahresergebnissen, daß der Umtausch ihrer Verkäufe in Fremdwährungen immerhin vier von insgesamt 20 Prozent Umsatzwachstum gebracht hat.
Die Amerikaner versuchen den Spieß umzudrehen. Die Verhandlungen über einen leichteren Zugang amerikanischer Autohersteller auf den japanischen Markt für Neuwagen und Ersatzteile haben in zwei Jahren nichts Greifbares gebracht. Die amerikanischen Unterhändler drohen nun mit Sanktionen im Umfang von mehreren Milliarden Dollar, falls in den kommenden drei Wochen keine Fortschritte gelingen. Reiner Metzger
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