piwik no script img

Press-SchlagSauber vs. Ultrasauber

■ Warum das gemein ist, was jetzt so alles auf den Möller Andy einstürzt

Wenn man ihn da so stehen sah mit hängenden Armen und trübem Blick, es fehlte nur noch die verlorene Träne. Man ist ja schließlich ein einfühlsamer Mensch und kann ihn ein bißchen verstehen, den Möller Andy, der sich wahrscheinlich nicht viel gedacht hat, als er seine Beine fahren ließ, ganz so, wie es Tausende von anderen Kickern vor ihm taten. Ob es dabei nun um Millionen geht oder um den Aufstieg aus der Kreisklasse C, macht keinen Unterschied, auch wenn uns das jeder zweite Kommentator glauben machen möchte, von den guten alten Zeiten dahersalbadert und das viele Geld dafür verantwortlich macht, daß der Fußball eine Moral verloren habe, die er noch nie besessen hat.

Aber es soll auch klargestellt werden, daß einem „der Andy“ (Beckenbauer) noch nie sympathisch war, daß man auf ihn während der zweiwöchigen Sperre und auch im Länderspiel gut verzichten kann und auch nicht besorgt ist, daß er wegen der 10.000 Mark Strafe seiner Michaela das Haushaltsgeld wird kürzen müssen. Aber wer möchte schon, daß wildfremde Menschen über einen schreiben, man sei „charakterlos“ und Persönlichkeit würde einem „fehlen“ (Tagesspiegel)? Daß der Nationaltrainer von China, was immer den das auch angeht, auch wenn er Klaus Schlappner heißt, vermelden darf: „Dieses Urteil mußte sein.“

In noch komischere Gesellschaft begibt man sich allerdings, wenn man das Urteil gegen Andreas Möller nicht so ganz richtig findet. Sogar mit Berti Vogts muß man einer Meinung sein: „Ein Schlag gegen die Tatsachenentscheidung.“ Der Schulterschluß mit 1860-Coach Werner Lorant läßt sich nicht vermeiden: „Dieses Urteil ist völliger Unsinn.“ Und nicht einmal die Bild-Zeitung ließ sich nach anfänglicher Empörung („Schwalben-Andy“) zu der gewohnten Kampagne hinreißen.

Das Schlimmste ist aber natürlich, daß niemand zu sagen wagt, was er von diesem moralinsauren Dreck wirklich hält. Und daß die Gesellschaft, die man sich ausgesucht hat, fast noch verlogener ist als die am Stammtisch nebenan, wo sie über die „Sünder“ (Rolf Rüssmann) herziehen, weiß man spätestens nach diesem Satz von Andreas Möller: „Ich bin einer, der einen ehrlichen, sauberen Fußball spielt.“ to

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen