Was den jungen Dingern blüht

■ „Gangland“ – Britische Gangsterfilme im lieben Checkpoint: Da gibt's etwa Laszivität im Dampfbad (seufz)

Früher war Sex mal ganz anders. Platinblond leuchtet das Haar, üppig lockt der weiche Busen, Po und Oberschenkel wirken – wie soll man's sagen – eher drall im knappen weißen Badeanzug (Body?), mit dem Midnight-Franklin (Jane Mansfield) durch die Nächte im Stripteaselokal eiert. Die Art, wie sie an der Bar steht, den Hintern herausgestreckt, den Busen auf den Tresen legt, an ihrer eleganten, schlanken Zigarettenspitze saugt, ihren Gesprächspartner abschätzig oder spöttisch mustert, eher distanziert zur Musik einer weißen Jazzkapelle singt, weist darauf hin, daß Midnight-Franklin nicht mehr verfügbar ist. Die Barsängerin ist die Freundin von Johnny Solo, dem Chef der Londoner „Pink- Flamingo-Bar“, und „Mutter“ der angestellten jungen Stripteasetänzerinnen. Glücklich ist sie nicht, doch was den jungen Dingern noch blüht auf der Suche nach wichtigen, dicken Männern, die sie vielleicht zum Film bringen könnten, hat sie schon hinter sich.

In dem straighten englischen Sex-Thriller „Playgirls after dark“ übernimmt Jane Mansfield meist die Rolle der illusionslosen Beobachterin. Ihr Pendant ist Robert Jouval (Karlheinz Böhm), ein französischer Journalist, der Stammgast im „Pink-Flamingo“ wird, um eine Sex-Reportage zu recherchieren. Dabei gerät er in den rüden Konkurrenzkampf zweier Nachtclubbosse und kriegt alles, was das Journalistenherz so begehrt: fiese Erpressungen, actionreiche Schlägereien, einmal wird gar der gesamte Club kaputtgehauen – rührend werkelt das Sexbarkollektiv, denn am Abend soll's doch weitergehen.

Jouval verliebt sich in eines der Stripteasegirls, das sich eher spröde gibt, in seiner Freizeit viel Freud liest (Achtung: Trauma) und sich eigentlich auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit befindet. Am Ende wird eine minderjährige Stripperin von einem reichen fetten Sugardaddy umgebracht. Der Clubbesitzer wird festgenommen. Als die Bullen ihn wegführen, wirft er elegant seiner Freundin, die ihn verraten hat, eine rote Nelke zu.

Beeindruckend an „Playgirls after dark“ sind vor allem die meist violett glänzenden Bilder wilder Striptease-Shows, in denen die Frauen sich als ungebändigte Triebwesen präsentieren. In kolonialistischer Naivität vermischen die Shows alles mit allem. Halbnackte Frauen tanzen im Rumbarhythmus um eine Buddhastatue herum oder räkeln sich lasziv in einem Dampfbad auf der Bühne, liegen lasziv auf Sofas und streicheln die Wand. Zuweilen glitzern Tränen in ihren Augen.

Neben „Playgirls after dark“, der Karlheinz Böhm zum internationalen Durchbruch verhalf, zeigt das liebe Checkpoint-Kino (für die Gäste der 20-Uhr-Aufführung gibt es nach Vorstellungsende ein Glas Sekt) in der Reihe „Gangland – britische Gangsterfilme“ noch drei weitere, sehenswerte Streifen. In „Nowhere to go“ (1958), dem Regiedebüt von Seth Holt, geht es um einen Gefängnisausbrecher, der zwischen die Fronten von organisierter Kriminalität und Polizei gerät – „die Stimmung ist eisig und zynisch, der Stil knapp und elliptisch“ (Geoff Brown). Danny Cannons „Young Americans“ (mit Harvey Keitel und Technomusik) berichtet unter anderem von einem Bandenkrieg zwischen alteingesessenen Gangstern und einer neuen, sehr jungen ungestümen Gang, John Mackenzies „Rififi am Karfreitag“ (1979) schließlich erzählt spannend und actionreich vom Machtkampf eines Londoner Unterweltbosses. Detlef Kuhlbrodt

Heute und morgen: „Young Americans“ (20 Uhr) „Playgirls after dark“ (22 Uhr, morgen zuvor „Nowhere to go“), 30.4.–3.5.: „Rififi am Karfreitag“ (20 Uhr), „Nowhere to go“ (22.15 Uhr), OF, Checkpoint, Leipziger Straße 55, Mitte