■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: SPD in der Deutschen Eiche

Gott, war das peinlich, als Finanzsenator Manfred Fluß vor der versammelten Finanzdeputation zugeben mußte, daß er die Stadtwerke-Verkaufsverträge nicht gelesen hatte – aber fleißig darüber schwadronierte. Warum er so gar keine Ahnung hatte, das hat Klaus Wedemeier beantwortet: „Ich bin nicht in Urlaub gefahren!“ Auf deutsch: Fluß war weg, mitten in der Zeit, in der eine Mehrheit für die Verträge gesucht worden ist.

Fluß war nämlich in Italien, genauer in Malcésine am Gardasee, Auftanken für die schrecklich lange Rest-Wahlkampfzeit nach den Osterferien, drei Wochen immerhin. „Sechs Stunden Tennis“, freute sich der hochrote Fluß da eines Abends laut beim italienischen Essen. Topfit, der Mann. Und übte schonmal für den nächsten Wahlkampfauftritt. War ja Italien, versteht eh keiner. Hat er gedacht. Doch tatsächlich hat doch jemand zugehört, mit bester Deutsch- und Bremenkenntnis. Und der berichtet, wie Fluß sich erst den guten italienischen Roten in den Kopf geschüttet und dann lauthals proklamiert hat: „Rot-Grün kommt für mich nicht in Frage!“ Und: „Mit mir gibts nur eine große Koalition!“

Wenig später, als Fluß am Montag dieser Woche als Ersatzmann für den Bürgermeister vor 700 sozifeindlichen Bremer Unternehmern saß, da klang das so: „Mit einer knappen Mehrheit von nur 51 oder 52 Stimmen ist Rot-Grün mit mir nicht drin.“ Da staunte die Basis der Partei.

Aber warum mußte überhaupt der trotz italienischer Übung noch immer recht unbeholfene Fluß den schweren Auftritt absolvieren? Warum war nicht der Chef persönlich gekommen? Wedemeier hatte es vorgezogen, an diesem Abend die 700 Unternehmer um 18 Uhr in der Bremer Bank rechts liegen zu lassen und hielt stattdessen ab 20 Uhr seine Grundsatzrede zur Situation Bremens in der Welt vor 70 Claqueuren auf einer SPD-Wahlveranstaltung im Nebenraum der „Deutschen Eiche“ in Horn. Kritische Fragen waren nicht zu befürchten.

Aber ist das für Wedemeier wirklich ein Grund, Nölle, Rebers, Fücks und Jäger aus dem Weg zu gehen? Senats-Sprecher Sondergeld kennt noch einen anderen: „Der Weser-Kurier macht doch auch eine Spitzenkandidaten-Diskussion. Und dafür wollten sie Herrn Wedemeier gerne exklusiv.“ Ach so, wenn das Pressemonopol pfeift, dann kommt der Präsident gelaufen. Und das sogar ohne satte Ladung von Italiens Wein und Sonne in der Birne. Rosi Roland