„Es darf ja auch mal was schiefgehen“

■ Thomas Becker (FDP), Verfechter einer Bremer Kulturstiftung, über das neue Interesse an der alten Idee

taz: Plötzlich besinnen sich alle wieder auf die Kulturstiftung: Der Kulturrat fordert sie, die Museen, das Bündnis AfB. Ist die Stiftung mit so vielen Wünschen nicht schon heillos überfordert, bevor es sie überhaupt gibt?

Becker: Kommt darauf an, wer welche Anforderungen an diese Stiftung stellt. Der Vorteil einer solchen Kulturstiftung ist natürlich ihre Staatsferne. Die Entscheidung darüber, was gefördert wird, fällt nicht mehr die Behörde. Das ist ja einer der Gründe, warum wir diese Einrichtung gefordert haben.

Was soll ihrer Meinung nach aus der Stiftung finanziert werden?

Alles, was im Kulturbereich möglich ist. Es können Kataloge gefördert werden, Ausstellungen. Was nicht darunter fallen darf, ist die institutionelle Förderung.

Sanierungsvor-haben?

Das sind in der Regel Sachen, die muß der Staat selbst erledigen. Die Sanierung der Glocke kostet 30 Millionen Mark – das sind Beträge, die können Sie mit einer solchen Stiftung gar nicht leisten.

Der Kulturrat fordert, daß aus den Zinsen des Stiftungsvermögensein „Fond für innovative Projekte“gebildet wird. Halten Sie eine solche Festschreibung für sinnvoll?

Das ist eine der Aufgaben, das ist durchaus richtig. Damit auch mal was gewagt wird. Es darf ja auch mal was schiefgehen. Diese Haltung, daß alles immer perfekt aussehen muß, halte ich für falsch. Ein Experiment kann scheitern, aber dafür muß man auch mal Geld geben.

Welches Stiftungskapital bräuchte man, damit eine sinnvolle Förderung überhaupt in Gang käme?

Zehn Millionen Mark, dann haben sie zwischen 800.000 und einer Million Mark Zinsen pro Jahr. Aber es gibt auch die Möglichkeit, Unterstiftungen einzusammeln; das ist zum Beispiel in Hamburg passiert. Es gibt Leute, die stiften einen kleinen Preis, für den aber eine eigene Stiftung nicht lohnen könnte. In der Hamburgischen Kulturstiftung ist sowas als Legat eingebracht. Die Identität des Stifters bleibt dabei aber erhalten. Das wäre auch in Bremen möglich.

Wie kann man größere Firmen als Spender gewinnen? Bisher ist das Vorhaben doch auch daran gescheitert, daß die nicht in eine anonyme Stiftung für einen ungewissen Zweck einzahlen, sondern lieber ihr Geld zum Musikfest tragen.

Eine Stiftung, die einen guten Ruf vorzuweisen hat, die Anfangserfolge vorweisen kann, kann auch an Spender – nicht nur an Firmen – herantreten und sagen: Wir haben demnächst dies und das vor – ist das nicht eine Möglichkeit, wo Ihr Euch engagieren wollt?

Wieviel müßte der Staat denn einzahlen, damit ordentlich geworben werden kann?

Wenn er anfinge, über die nächsten Jahre immer eine Million reinzupacken, wäre das auf einem guten Weg.

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