Öko-Hilfe für Lettland

■ Das bremisch-lettische „ECAT“ in Riga geht ins dritte Jahr: Hilfestellungen für eine angepaßte Umweltpolitik / Lettland noch 23 Jahre hinterher

Know-how statt Millionen – auf diese Formel läßt sich bringen, was mit Bremer Hilfe seit zwei Jahren in Riga probiert wird. Das ECAT, zu deutsch Umweltzentrum für Administration und Technologie, geht ins dritte Jahr. ECAT, das ist der Versuch, mit Hilfe von EU-Geldern Umwelt-know how nach Lettland zu bringen, statt aufwendige eigene, rein westliche, Ökoprojekte aus dem Boden zu stampfen. Entwicklungshilfe auf Öko: Sammeln und Aufbereitung von Umweltdaten, Beratung bei Umweltgesetzgebungsverfahren, Begutachtung von Umwelttechnologien – kaum ein Bereich, in dem die lettische Regierung nicht von den Westlern lernen könnte. Allerdings: „Wir sind nicht die Westler, die da hinkommen und zeigen, wie man mit viel Geld viel erreichen kann“, sagte Rita Kellner-Stoll, Abteilungsleiterin beim Bremer Umweltsenator, wo das Projekt auf deutscher Seite angesiedelt ist. Gestern wurde dort Zwischenbilanz gezogen.

Seit zwei Jahren bemühen sich nun Bremer und lettische MitarbeiterInnen in Riga gemeinsam, die lettische Regierung, lettische Verwaltungen bis hin zur kommunalen Ebene in Umweltfragen zu beraten. Gar nicht so einfach, besonders am Anfang, wie gestern deutlich wurde. Denn einerseits spielt die ökologische Frage in der lettischen Regierungspolitik eine große Rolle, schließlich hatte die Umweltbewegung einen großen Anteil im Kampf um die nationale Unabhängigkeit. Doch andererseits hat sich an der Verwaltung unterhalb der Regierungseben seit der Unabhängigkeit wenig geändert, und zudem steckt Lettland in enormen ökonomischen Schwierigkeiten. Trotzdem: Wenn in einem Jahr die EU-Förderung ausläuft, dann werden die Spezialisten in einem neuen lettischen Umweltamt arbeiten, das die Regierung berät, ganz wie das Berliner Bundesumweltamt.

Geschafft hat das ECAT diese Verankerung durch eine ganze Reihe von erfolgreichen Projekten. Erfolgreich, weil an die lettischen Verhältnisse angepaßt. Gefragt ist nicht Öko pur, sondern Lösungen, die die schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen von vorne herein mit einbeziehen.

Beispiel Sigulda, eine Stadt mitten in einem Naturschutzgebiet: Da ist die Wohnungsnot so groß wie im Rest des Landes. Die Stadtregierung wollte nun aber keine Plattenbauten hochziehen, sondern plante eine Ökosiedlung – und bekam Hilfe der Spezialisten des ECAT.

Beispiel Müll: Als Lettland unabhängig wurde gab es genau ein Abfallgesetz, das regelte lediglich die Entsorgung von „gefährlichen Abfällen“. Für den Rest regelte sich die Entsorgung von selbst. Da gehen die Beratungen des ECAT von Gesetzgebungsverfahren über Fragen, wie eine Umweltschutzverwaltung aufgebaut werden könnte, bis hin zur Begutachtung von Entsorgungstechniken. Als ein westliches Konsortium den Letten eine Sondermüll-Verbrennungsanlage schmackhaft machen wollte, die über die Verbrennung von importiertem Müll aus dem Westen finanziert werden sollte, da war es das ECAT, das die Regierung von den Plänen abbrachte.

„ECAT, das soll die Schnittstelle zur europäischen Umweltpolitik sein“, sagt Gertrud Schumpp, die auf Bremer Seite das Projekt betreut. Lettland soll den Anschluß an Europa schaffen, und das kann es nur, wenn auch die Datenlage in Umweltfragen so aufbereitet ist, daß sie von der EU-Verwaltung auch verarbeitet werden kann. Das ist noch ein weiter Weg. „Deutschland hat jetzt 25 Jahre Umweltgesetzgebung hinter sich“, kommentierte Andreas Ahrens, Müllexperte vom Hamburger „Ökopol-Institut“, der für das dritte und letzte ECAT-Jahr nach Riga geht. „Von denen hat Lettland zwei Jahre geschafft.“ J.G.