10jährige raus?

■ Aufregung um Horte. Neue Lösung: Räume doppelt nutzen – von Kitas und Horten

Was trötete da gestern in den ehrwürdigen Gängen des Finanzamtes? Finanzsenator Fluß schickte seine Referentin vor die Bürotür: 30 Hortkinder und diverse Eltern verlangten den Senator höchstpersönlich zu sprechen. Die Schar kam vom Hort in der Humboldtstraße. Der solle geschlossen werden, so die empörten Eltern, um Platz für mehr Kindertagesplätze zu bekommen. „Wenn ich aber keinen Hortplatz habe, kann ich gleich meine Arbeit aufgeben und zum Sozialamt gehen“, schimpfte eine Mutter. Am Wochenende hatten die Eltern schon der Sozialsenatorin vor dem SPD-Mai-Zelt aufgelauert, doch die meinte, an solchen Entscheidungen sei auch der Finanzsenator beteiligt. Der ließ sich endlich zu einem kurzen Gespräch herbei.

Ergebnis: Zwar soll tatsächlich eine der beiden Hortgruppen in der Humboldtstraße einer neuen Kindergartengruppe Platz machen, doch keins der jetzigen Hortkinder unter zehn Jahren wird auf die Straße gesetzt. Nachwachsende Hortkinder allerdings werden in der Humboldtstraße nicht mehr aufgenommen. Heute diskutiert die Jugend-Deputation über das Thema.

Doch wenn nur 20 Hort-Plätze gestrichen werden, wie will die Sozialsenatorin dann die 300 Kita-Plätze bis zum August schaffen, die ihr noch zur Erfüllung der im Koalitionsvertrag ausgehandelten 90prozentigen Bedarfsdeckung fehlen? 180 Plätze will sie schaffen, indem die Räume von Nachmittags-Hortgruppen vormittags für Kitas genutzt werden. Die restlichen rund 100 Plätze hofft man durch die Rücknahme von Mehrfach-Anmeldungen zu erhalten.

Die Quote von 16 Prozent Bedarfsdeckung bei den Hortplätzen werde sich also höchstens um ein Prozent senken, sagt Heidemarie Rose vom Sozialressort. Und damit habe man noch immer die im Koalitionasvertrag geforderten 15 Prozent bei den Hortplätzen erfüllt. Bei 15 Prozent liege auch der tatsächliche Bedarf. Warum bekommen dann trotzdem voraussichtlich rund 900 Eltern Hort-Absagen? Weil Angebot und Nachfrage in den einzelnen Stadtteilen sehr unterschiedlich sind, dies aber nicht ganz auszugleichen sei, da man überall ein Sockelangebot bereithalten müsse, so Rose. In Oberneuland etwa liegt die Nachfrage bei 5 Prozent, in der Neustadt bei 40 Prozent. Das Angebot in der Neustadt: 20 Prozent. Die östliche Vorstadt stehe dagegen recht gut da. Der Bedarf nach Hortplätzen wird allerdings erheblich steigen, sagt die Grüne Maria Spieker: Die geburtenstarken Jahrgänge kämen jetzt ins Hortalter.

Doch im Moment zwickt das Sozialressort vor allem die Sorge um die Kita-Plätz: Derzeit bekommen 87 Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen einen Kita-Platz. Etwa 1.500 Kinder werden im Kita-Jahr 95/96 also eine Ablehnung bekommen. Der tatsächliche Bedarf liegt nämlich bei 96 Prozent. Der sogenannte „Rechtsanspruch“ auf einen Kindergartenplatz, der ab 1996 gilt, schreibt eine 95prozentige Bedarfsdeckung vor. Dafür fehlen noch rund 3.000 Plätze. cis