„Filtrationslager“ in Grosny

■ Zivilisten werden dort von Russen inhaftiert / Russisches Flugzeug abgeschossen

Grosny (taz) – Tschetschenische Aufständische haben am Freitag nachmittag ein russisches Aufklärungsflugzeug im Osten der Republik abgeschossen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Itar- TASS unter Berufung auf Militärkreise. Der Pilot sei ums Leben gekommen. Derweil haben russische Truppen in Tschetschenien mindestens drei sogenannte „Filtrationslager“ errichtet. Zwei befinden sich in der Hauptstadt Grosny, eins in Assinowskaja, einer ehemaligen Hochburg der Anhänger des tschetschenischen Präsidenten Dschochar Dudajew. Bisher war lediglich die Existenz eines Lagers im Operationszentrum der Armee im russischen Mosdok bekannt. In den „Filtrationspunkten“ werden neben Kriminellen willkürlich aufgegriffene Tschetschenen inhaftiert. Sie werden von den Russen gegen gefangene Militärs ausgetauscht.

Wie Freigelassene gegenüber der taz bestätigten, wurden sie im „PAP1“ in Grosny auf brutalste Weise mißhandelt. Etwa siebzig Gefangene sitzen in dem Lager. Das Lager hat einen gesonderten Raum für Frauen. Mutmaßungen zufolge sollen sich Soldaten an ihnen vergehen. Die tschetschenischen Übergangsbehörden unternehmen nichts, um Angehörigen den Verbleib der Vermißten mitzuteilen.

Nach Angaben des Chefs der von Moskau eingesetzten Übergangsregierung in Grosny, Salambek Chadschijew, kontrolliert die russische Armee inzwischen nahezu die gesamte Kaukasusrepublik. Gegenüber der taz befürwortete er eine Beteiligung Dudajews an den nächsten Wahlen. Als Lösung des Krieges schlägt er vor: „Dudajew tritt zurück und unsere Regierung ebenfalls, dann finden Wahlen unter internationaler Kontrolle statt.“ Ausdrücklich verwahrte sich Chadschijew gegen die von Moskau betriebene Kriminalisierung Dudajews. khd Reportage Seite 11